Frau mit roten Haaren

APA/dpa-Zentralbild/Wolfgang Kluge

Spielräume

Vom Schlager zu Brecht: Nachruf auf "La Rossa"

Musik aus allen Richtungen mit Rainer Elstner. Die Lieder von Milva. Aus kleinen italienischen Verhältnissen auf die großen Schlager-, Konzert- und Theaterbühnen der Welt

Sie war sowohl als Schlager- wie als Chansonsängerin erfolgreich, in Italien wurde sie ob ihrer roten Haare (und ihrer politischen Einstellung) auch "La Rossa" genannt, wegen ihrer agilen Stimme hatte sie den Beinamen "La Pantera" (der Panther). Am Freitagabend ist Maria Ilva Biolcati, besser bekannt als Milva, im Alter von 81 Jahren in Mailand gestorben.

Zuletzt hatte sie mit ihrer Vertrauten und Sekretärin Edith mitten im Zentrum Mailands gewohnt. "Milva war eine der stärksten Interpretinnen des italienischen Chanson", teilte Italiens Kulturminister Dario Franceschini am Samstag mit. Auf internationalen Bühnen sei sie erfolgreich gewesen und habe den Namen ihres Landes hochgehalten. Im deutschsprachigen Raum wurde Milva mit Musik von Mikis Theodorakis bekannt. Weitere Erfolge feierte sie hier u.a. mit "Hurra, wir leben noch", Klaus Doldingers Titelsong für die Simmel-Verfilmung "Die wilden Fünfziger".

Für weltweite Verbreitung ihrer Einspielungen sorgte sie mit Versionen auf Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Griechisch, Portugiesisch und Japanisch. Im Tango-Genre arbeitete sie mit Astor Piazzolla. Sie nahm Edith-Piaf-Chansons und Zarah-Leander-Stücke auf und gab Opern-Gastspiele ("Tosca"; "Peter Pan"). Ihr Album "Was ich denke" schoss 1978 in Deutschland an die Spitze der Verkaufscharts, das brachte ihr eine silberne Schallplatte ein. Aus der Zusammenarbeit mit Franco Battiato Anfang der 1980er Jahre entstand "Alexander Platz", einer ihrer international berühmtesten Songs, der auf dem Album "Milva e dintorni" (1982) verewigt wurde.

Milva kam am 17. Juli 1939 als Tochter einer Schneiderin und eines Fischers in dem kleinen Ort Goro an der Adriaküste zur Welt. Doch sie musste früh mitanpacken und Geld für die Familie verdienen, als ihr Vater seinen Besitz verlor. Sie zog nach Bologna, nahm an einem Gesangswettbewerb teil und erhielt eine Gesangs- und Schauspielausbildung. Sie nahm Dutzende Alben auf, sang auf Tourneen und Theaterbühnen. Fast 20 Mal trat sie bei Italiens bedeutendstem Schlagerfestival in Sanremo auf - allerdings gewann sie nie.

Vom Schlagerstar schaffte sie den Sprung zur anerkannten Interpretin von Bertolt Brecht. In den 1970er Jahren stand Milva oft auf Theaterbühnen: Am Mailänder Piccolo Teatro war sie unter der Regie von Giorgio Strehler die Spelunken-Jenny in der "Dreigroschenoper". Von 1973 bis 1980 tourte die rote Diva mit der Gruppe "I Milvi" durch Europa, Kanada, Russland und Japan. Ihre Leidenschaft für Politik mündete in der Zusammenarbeit mit engagierten Liedermachern wie dem Italiener Franco Battiato oder dem Griechen Mikis Theodorakis. Damals erweiterte sie ihr Repertoire um die noch wenig bekannte griechische Musik und Poesie.

Später wurde sie sowohl in Italien, Deutschland als auch in Frankreich mit den höchsten staatlichen Auszeichnungen geehrt (Kommandeur des Verdienstordens der Italienischen Republik, Bundesverdienstkreuz I. Klasse, Ritter der Ehrenlegion). 2010 verließ sie die Bühne. In einem Brief, gepostet auf Facebook, teilte sie ihr Karriereende mit. In einem Fernsehinterview hatte sie im gleichen Jahr von gesundheitlichen Problemen gesprochen, die sie davon abhielten, weiter aufzutreten.

Service

Milva

Sendereihe

Gestaltung

  • Rainer Elstner

Playlist

Komponist/Komponistin: Kurt Weill
Album: Milva Canta Brecht
Titel: Jenny dei Pirati
Ausführende: Milva
Länge: 04:43 min
Label: BMG

Komponist/Komponistin: Luigi Tenco
Album: ITALIAN LEGENDS
Titel: Ho Capito Che Ti Amo
Solist/Solistin: Milva /Gesang
Länge: 02:31 min
Label: BMG Ricordi 74321660142

Komponist/Komponistin: Mendes
Komponist/Komponistin: Mascheroni
Album: MILVA
Titel: Tango della gelosia
Anderssprachiger Titel: Jealous of you
Solist/Solistin: Milva ///Ges.m.Begl.
Länge: 02:14 min
Label: Bellaphon 28822001

Komponist/Komponistin: Cabral
Komponist/Komponistin: Dizeo
Komponist/Komponistin: Larici
Album: Milva - Canzoni di Edith Piaf
Titel: La Folla
Anderssprachiger Titel: La Foule
Solist/Solistin: Milva /Gesang
Länge: 02:56 min
Label: BMG Ariola 74321299322

Komponist/Komponistin: Bertolt Brecht/1898 - 1956
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Bertolt Brecht/1898 - 1956
Bearbeiter/Bearbeiterin: Kurt Schwaen /Transkription/1909 - 2007
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Giorgio Strehler /italienisch
Album: MILVA CANTA UN NUOVO BRECHT / BRECHT ITAL. GESUNGEN
Gesamttitel: TRE CANZONI D'AMORE
Titel: Un' amara canzone d'amore
Anderssprachiger Titel: Ein bitteres Liebeslied
Solist/Solistin: Milva /Gesang m.Begl.
Solist/Solistin: Federico Ulivi /Gitarre
Länge: 00:51 min
Label: Polydor 5319732

Komponist/Komponistin: Astor Piazzolla
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Jean - Claude Carriere
Album: MILVA AND ASTOR PIAZZOLLA
Titel: Che tango che
Solist/Solistin: Milva /Gesang
Solist/Solistin: Astor Piazzolla /bandoneon
Solist/Solistin: Pablo Ziegler /piano
Solist/Solistin: O.Lopez Ruiz, guitar
Solist/Solistin: F.Suarez Paz, violin
Solist/Solistin: Hector Console /bass
Länge: 03:49 min
Label: metronome 825125-2

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