Demonstranten in Kairo, 2011

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Radiokolleg - 10 Jahre Arabischer Frühling

Wohin steuert die Arabischen Welt? (2). Gestaltung: Monika Halkort

Im Jänner 2012, ein Jahr nach Beginn der politischen Aufstände in Tunis, Syrien, Ägypten, Marokko, Libyen, Yemen, und Bahrein, zog Radiokolleg eine erste Bilanz über die Auswirkungen der damals euphorisch gefeierten 'Arabischen Revolutionen'. Den Protagonisten und Kommentatoren der Ereignisse war bereits damals klar, dass der Sturz ihrer autokratischen Führer lediglich die Voraussetzungen für Veränderungen geschaffen haben. Die tatsächliche Neuordnung des politischen und sozialen Lebens, war damit aber noch lange nicht erreicht. Doch trotz dieser Vorbehalte, war man sich einig, dass die Arabische Bevölkerung mit diesen Aufständen ihre Stimme und politische Kraft wiedergefunden hat und aus dem politischen Alltag der Arabischen Welt nicht mehr wegzudenken sein wird.

Rückwirkend hat sich das neuentdeckte Selbstbewusstsein als ein flüchtiger Moment Arabischer Revolutionsgeschichte erwiesen. Die Entschlossenheit der Bevölkerung ihre Zukunft aus eigener Kraft und mit eigenen Ideen zu gestalten, ist längst verflogen. In Syrien, Libyen und Yemen hat sich die Aussicht auf Veränderung in blutigen Bürgerkriegen zerschlagen. In Ägypten und Bahrain wurden die treibenden Kräfte der Proteste inhaftiert oder mundtot gemacht. Und auch wenn sich in Marocco und Tunis moderate Veränderungen im politischen Leben aufgetan haben, die traurige Bilanz des Arabischen Frühlings bleibt bestehen: Die Hoffnung auf politische und soziale Selbstbestimmung wurde im Keim erstickt.

In einer 4-teiligen Radiokollegreihe zieht die Autorin der Sendung von 2012, Monika Halkort, gemeinsam mit den Protagonisten Bilanz über die Erfahrung der vergangenen 10 Jahre und ordnet sie im Spiegel der aktuellen Umbrüche in der Region neu ein. Das vergangene Jahr hat eine Reihe von wirtschaftlichen und politischen Abkommen auf den Weg gebracht, die dem historischen Selbstverständnis der Arabischen Region eine radikale Absage erteilen. Marokko, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain haben diplomatische Beziehungen mit Israel aufgenommen und sowohl wirtschaftliche wie militärische Zusammenarbeit angekündigt.
Damit ist auch auf offizieller Ebene eine Normalisierung der Arabisch-Israelischen Verhältnisse vollzogen, die dem Bekenntnis der Arabischer Welt zu Palästinensischer Autonomie und einem eigenen Staat den Rücken kehrt.

Die Forderung nach historischer Gerechtigkeit für die Palästinenser hat die politische und kulturelle Identität der Region nachhaltig geprägt und auch zusammengehalten. Ob sich mit der teilweisen Öffnung der Grenzen zwischen der Arabischer Welt und Israel die langersehnte Befriedung der Verhältnisse einstellen wird, wie Donald Trump das vorgesehen hat, darf bezweifelt werden. Viel wahrscheinlicher ist, dass sie neue Trennlinien schafft, die die Möglichkeit auf politische und soziale Selbstbestimmung und Gerechtigkeit für alle Bewohner der Region noch weiter in die Ferne rückt.

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Armbruster, Jörg (2021): Die Erben der Revolution. Was bleibt vom Arabischen Frühling? 1. Auflage. Hamburg: Hoffmann und Campe ein Unternehmen der Ganske verlagsgruppe.

Bayat, Asef (2017): Revolution without revolutionaries. Making sense of the Arab Spring / Asef Bayat. Stanford, California: Stanford University Press (Stanford studies in Middle Eastern and Islamic societies and cultures).

Bsheer, Rosie (2020): Archive wars. The politics of history in Saudi Arabia / Rosie Bsheer. Stanford, California: Stanford University Press (Stanford studies in Middle Eastern and Islamic societies and cultures).

Dabashi, Hamid (2012): The Arab spring. The end of postcolonialism / Hamid Dabashi. London, New York: Zed Books.

Della Ratta, Donatella; Dickinson, Kay; Haugbolle, Sune (Eds.) (2020): The Arab Archive. Mediated Memories and Digital Flows. Amsterdam: Institute of Network Cultures (Theory on Demand, #35).

Günel, Gökçe (2019): Spaceship in the desert. Energy, climate change, and urban design in Abu Dhabi. Durham: Duke University Press (Experimental futures).

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Rabie, Mohammad; Moger, Robin (2016): Otared. A novel / Mohammad Rabie ; translated by Robin Moger. Cairo: Hoopoe.

Soueif, Ahdaf (2013): Cairo. Memoir of a city transformed. First American edition. New York: Pantheon Books.
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Sendereihe

Gestaltung

  • Monika Halkort