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Dimensionen
Ambiguitätstoleranz
Ambiguitätstoleranz
Lernen, mit Mehrdeutigkeiten zu leben
Von Wolfgang Streitbörger
19. Juli 2021, 19:05
Was denn nun? Frau mit Bart? Oder Mann mit Kleid? Thomas Neuwirth alias Conchita Wurst gewann den Eurovision Song Contest 2014 für Österreich. Und er verstörte viele vor ihren Fernsehgeräten: unerträglich, diese Mehrdeutigkeit. Sie wollten entweder Mann oder Frau. Andere fühlten sich zwar befremdet, fanden das Spiel mit dem Mehrdeutigen dann aber doch ganz interessant. Die Jury jedenfalls war überzeugt - und zeigte damit "Ambiguitätstoleranz".
Gut oder böse, schwarz oder weiß, Freund oder Feind: So sehen viele Menschen die Welt. Dass die Dinge oft weniger eindeutig sind, halten sie nur schwer aus - und das macht sie anfällig für Populisten. Doch die Fähigkeit, Mehrdeutigkeit zu akzeptieren, lässt sich trainieren. Vor mehr als 70 Jahren in den USA entdeckte die Psychologin Else Frenkel-Brunswik dieses Persönlichkeitsmerkmal mit dem etwas sperrigem Namen. "Ambiguitätstoleranz" erweist sich heute als hochaktuell. Damit lässt sich einiges im Zusammenleben erklären und besser machen.