Johanna Schwanberg

APA/ROLAND SCHLAGER

Gedanken für den Tag

Johanna Schwanberg über die Künstlergedenktage 2021

"Passion für die Kunst". Die Direktorin des Dom Museum Wien spürt bedeutenden Künstler/innen unterschiedlicher Jahrhunderte nach

Joseph Beuys - Orchideen und Samenkapseln

Wenn ich dieser Tage durch unsere Ausstellung "Fragile Schöpfung" gehe, so muss ich immer wieder vor einem kleinen Objekt innehalten. Dabei ist dieses Kunstwerk auf den ersten Blick alles andere als spektakulär. Es zeigt eine mit trübem Wasser gefüllte Flasche in einer Holzbox, die gleichermaßen an eine Museumsvitrine wie an einen Geschenkkarton für Wein erinnert. Der Titel auf dem Etikett lautet: "Verschmutztes Rheinwasser".

Besonders spannend ist die Vorgeschichte zu diesem Werk, denn es ist das Relikt einer künstlerischen Aktion, die der Künstler Joseph Beuys mit dem argentinischen Künstler Nicolás García Uriburu im Jahr 1981 in Düsseldorf durchgeführt hat an einem Protesttag der Ökologisch-Demokratischen Partei Deutschlands. Als sichtbares Zeichen gegen die Umweltverschmutzung wurde der Rhein von Beuys und Uriburu als einer der größten europäischen Flüsse mit Natursubstanzen grün eingefärbt, um symbolisch auf die Bedeutung der natürlichen Ressourcen und die Notwendigkeit von deren Schutz aufmerksam zu machen. Durch den Kunstzusammenhang, in den das verschmutzte Wasser gestellt wird, erhält es Aufmerksamkeit jenseits aller romantisierenden Verklärung und regt zum Nachdenken an.

Beuys' Kunst ist stark ökologisch und sozialkritisch motiviert. Bereits früh hat der Künstler, dessen 100. Geburtstag heuer im Mai ausgiebig zelebriert wurde, Pflanzen und pflanzliche Strukturen gezeichnet: Orchideen, Samenkapseln, Distelblüten, Bäume. Zugleich hat er mit Naturmaterialien gearbeitet: So hat er manchmal statt mit Tinte und Tusche, mit Gemüse-, Kräutersäften und Pflanzensud gemalt.

Das Wachsen und Vergehen der Vegetation interessierten ihn mehr als die Errungenschaften der Konsumgesellschaft. So hat Beuys bei der größten europäischen Kunstschau, der "documenta 7", im Jahr 1982 kein Kunstwerk im herkömmlichen Sinn gezeigt. Vielmehr hat er die Pflanzung von 7000 Eichen im Stadtgebiet von Kassel initiiert. Zu jedem Baum gehört ein Basaltstein. Das Motto der Aktion lautet sprachspielerisch "Stadtverwaldung gegen Stadtverwaltung". Überhaupt hat Beuys den Baum als Zeichen des Lebens besonders geschätzt. Mitunter verklären seine Aussagen über Bäume diese als christusähnlich leidende Kreaturen. Nachdenklich stimmen sie mich angesichts der weltweiten Umwelt- und Klimaprobleme allemal. Etwa wenn Beuys sagt: "Das Bewusstsein der Erde ist uns vielleicht verschlossen, aber sicher ist es größer als jenes des Menschen."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Louis Moreau Gottschalk/1829 - 1869
Album: LOUIS MOREAU GOTTSCHALK: AMER.KLAVIERMUSIK GESPIELT VON AMIRAM RIGAI
Titel: Le Mancenillier op.11 - Serenade für Klavier
Anderssprachiger Titel: Der Manzanillabaum
Solist/Solistin: Amiram Rigai /Klavier
Länge: 04:24 min
Label: Smithsonian Folkways Recordings SFW40803

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