Spielräume

Die letzten der besseren Tage vor uns

Musik aus allen Richtungen mit Michael Neuhauser. Charlie Parrs neues Album "Last Of The Better Days Ahea"

Erinnerungen an kleine Glücksmomente in der Kindheit, vertonte Wachträume voller Angst und Unsicherheit in der Gegenwart, empathische Lieder über die Einsamkeit und Hilflosigkeit der Menschen im Getriebe der modernen Welt - Charlie Parr ist ein Working-Class-Troubadour und Poet in der Tradition von Blues und Folk, der sich meist schlicht mit einer Resonator-Gitarre oder einer 12-Saitigen begleitet, die er meisterlich zu spielen versteht.

Geboren wurde er 1967 in der Kleinstadt Austin, Minnesota (bekannt für den Fleischkonservenhersteller Hormel Foods und dessen berühmt-berüchtigtes Dosenfleisch namens SPAM), heute lebt er am Lake Superior in der kleinen Hafenstadt Duluth. An die 30 Alben hat Charlie Parr seit 2002 veröffentlicht, die Hälfte davon bei kleinen Labels, der Rest im Selbstverlag oder auch einfach nur digital im Internet. Dass sein jüngstes Album nun beim Label Smithsonian Folkways herausgekommen ist, kommt einer Adelung und der Anerkennung eines Lebenswerks gleich, die schon längst fällig waren. Als "national treasure", also nationales Kulturgut der USA bezeichnet ihn der Schriftsteller Abraham Smith begeistert in den Liner Notes.

Das symbolträchtige Cover des Albums zeigt ein im naiven Stil gemaltes Portrait von Parr: mit einer überlangen Zunge, auf der Blumen wachsen, einer brennenden Kerze am Kopf und einem kleinen roten Teufelchen, das ihn an seinen langen Haaren zieht, während sich am Boden um ihn herum Schlangen tummeln. Charlie Parr ist der nicht mehr ganz so junge "angry young man", der sich mehr denn je Gedanken macht, wie gutes Leben und gutes Zusammenleben zu bewerkstelligen wären, der sich aber auch damit zufriedengibt, dass viele der großen Fragen keine Antworten zulassen und schon schlicht mit ihrer poetischen Benennung einiges gewonnen ist.

Er sei in eine Lebensphase gekommen, wo man sich allmählich dreht, um nun auch mehr zurückzublicken statt nur nach vorne, schreibt Charlie Parr. Dieses Album sei wie eine volle Rotation des Boots, in dem wir dahintreiben. Es schaut voraus für einen letzten Blick auf die besseren Tage, die noch vor uns liegen, und dreht sich, um die Vorderkante der Vergangenheit zu sehen, die allmählich in der Traumlandschaft unserer wirklichen und erfundenen Geschichten verblasst.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Charlie Parr
Album: Last Of The Better Days Ahead
Titel: Blues For Whitefish Lake, 1975 (4.03)
Titel: Bed Of Wasps (3.44)
Titel: Everydqay Opus (8.03)
Titel: Anaconda (3.46)
Titel: 817 Oakland Avenue (4.17)
Solist/Solistin: Charlie Parr /Ges.m.Begl.
Länge: 23:53 min
Label: Smithsonian Folkways SFW CD 40244

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