Liegende Frau

MANESSE VERLAG

Radiogeschichten

"Ex libris"-Nachlese. Yvan Goll: "Sodom und Berlin", Roman, Manesse Verlag (Übersetzung: Gerhard Meier). Es liest Martin Vischer

Der deutsch-französische Dichter Yvan Goll, der von 1891 bis 1950 lebte, war eine der bedeutendsten Stimmen des literarischen Expressionismus, ehe er sich in den 1920er Jahren dem Surrealismus zuwandte, eine Bewegung, die den Realismus in Bereiche verlängerte, die vor allem die Psychoanalyse zugänglich gemacht hat: ins Unbewusste und ins Traumhafte. 1929 veröffentlichte er den Roman "Sodom und Berlin", einen Text, der die gesellschaftliche und politische Realität in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg in ihrer ganzen Absurdität und Brutalität bloßstellte, indem Goll mit typisch expressionistischen Verzerrungen arbeitete, ähnlich wie es der Maler George Grosz in seinen Bildern machte.

Lebenskünstler, Tagediebe, Kriegsheimkehrer, Vergnügungssüchtige, Schieber und andere Halbweltexistenzen drängen sich in der deutschen Nachkriegsmetropole. Das Leben, das so schnell an sein Ende kommen kann, will gelebt werden. Jeder sucht sein Glück, wenngleich nicht immer mit lauteren Mitteln. Im Mittelpunkt von "Sodom und Berlin" steht Dr. Odemar Müller, der Wandelbare, der Opportunist. Vom naiven Studenten wandelt er sich zum mittelalterlichen Mystiker, überzeugten Krieger, linken Revolutionär, Inflationsgewinnler, Romantiker auf der Suche nach der blauen Blume, Stammgast in Spielhöllen und Betrüger. Odemar Müller, der manchmal einfach Dr. Odemar heißt, ist ein Glücksritter, dessen Ego auf Prinzipienlosigkeit und Amoral baut. Ein Typus, der bis zum heutigen Tag anzutreffen ist.

Sendereihe

Gestaltung

  • Peter Zimmermann

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