Der David-Stern auf einer Wand des Jüdischen Flüchtlingsmuseums in Shanghai

AFP/PETER PARKS

Praxis - Religion und Gesellschaft

"Little Vienna" in Shanghai - ein jüdischer Zufluchtsort

Shanghai I: Was vom jüdischen Leben im Zufluchtsort vor der Shoah übriggeblieben ist +++ Shanghai II: Chinas schwieriges Verhältnis zur Religion +++ Feuer am Dach - Personalmangel und zu wenig Geld in der Pflege

1. Shanghai I: Was vom jüdischen Leben im Zufluchtsort vor der Shoah übriggeblieben ist

Mit den Novemberpogromen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 begann die systematische Vernichtung jüdischen Lebens im Nationalsozialismus. Wer konnte, trat die Flucht an. Doch die Möglichkeiten waren für Jüdinnen und Juden zu diesem Zeitpunkt schon stark eingeschränkt. Einzig Shanghai, die "Stadt über dem Meer", hat damals eine Einreise ohne Visum erlaubt. Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden gelang die Flucht aus dem Deutschen Reich nach Shanghai, unter ihnen waren rund 6.000 österreichische Jüdinnen und Juden.

Die meisten von ihnen überlebten die Shoah im Ghetto von Shanghai, in das die japanische Besatzungsmacht die aus Europa geflüchteten Jüdinnen und Juden internierte.
Das jüdische Viertel, in dem seit Ende des 19. Jahrhunderts jüdische Emigranten Geschäfte, Cafés und Theater eröffnet hatten, war auch als "Little Vienna" bekannt. Die gebürtige Frankfurterin Inge Hungerleider ist infolge der Novemberpogrome als junges Mädchen mit ihrer Familie nach Shanghai geflohen, wo knapp 80 Jahre später der Österreicher Bernhard Gerstl seinen Gedenkdienst geleistet hat. Wie er das ehemalige jüdische Viertel und die heutige jüdische Gemeinde in Shanghai erlebt hat, erzählt er in "Praxis" und Inge Hungerleider blickt zurück auf ihre Flucht und die Zeit in Shanghai, wo sie die Shoah überlebt hat. Gestaltung: Helene Dallinger und Judith Fürst


2. Shanghai II: Chinas schwieriges Verhältnis zur Religion

Das schwierige Verhältnis der chinesischen Führung zu den Religionen zeigt sich auch am Beispiel von Shanghai. Das ehemalige jüdische Viertel soll offenbar modernisiert werden - die Frage ist nur, was dann davon tatsächlich erhalten bleiben wird. Die alten Straßenzüge rund um das Center of Jewish Studies mit dem Jüdischen Museum von Shanghai sind noch im Originalzustand, verfallen aber zusehends. Bewohnt werden die einfachen Häuser - meist ohne Fließwasser und Heizung - nicht mehr.

ORF-Korrespondent Josef Dollinger war kürzlich in Shanghai und hat dort das ehemalige jüdische Viertel besucht. Was genau mit den Häusern geschehen soll, ob sie abgerissen werden und was an ihrer Stelle gebaut wird, darüber halten sich die chinesischen Behörden bedeckt. Betrachtet man aber andere Modernisierungsprojekte in China, wird von der ursprünglichen Bausubstanz wohl wenig bis gar nichts übrig bleiben. Auch ist es derzeit generell schwierig, Interviewpartner oder -partnerinnen zu finden, die zu Religionen und Religionsgemeinschaften Stellung nehmen. Religiöses Leben ist de facto ins Privatleben verbannt, berichtet ORF-Asien-Korrespondent Josef Dollinger im "Praxis"-Gespräch.


3. Feuer am Dach - Personalmangel und zu wenig Geld in der Pflege

Volksanwaltschaft und Bewohner/innen-Vertretungen von Pflegeheimen schlagen Alarm: Vor allem demente Menschen, so die Kritik, werden in Heimen aufgrund von Personalmangel mit Medikamenten ruhiggestellt. Betten stehen frei, weil keine Pflegekräfte zur Verfügung stehen. Hinzu kommen eine hohe Fluktuation an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Corona. In Österreich sprechen manche aus der Branche schon von einem Pflegenotstand. Und dieser könnte sich noch zuspitzen, denn, davon gehen Schätzungen von Expertinnen und Experten aus, in den nächsten zehn Jahren werden zwischen 75.000 und 100.000 zusätzliche Pflegekräfte und Betreuungspersonen gebraucht - in der Akut- aber auch in der Langzeitpflege.

Seit langem fordern Vertreter und Vertreterinnen aus dem Bereich, dass der Pflegeberuf attraktiver, die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung besser werden. Die Diakonie pocht etwa darauf, dass die nächste Pflegereform, die derzeit auf sich warten lässt, einen Ausbau von Betreuungs- und Pflegeangeboten vorsieht und Menschen wählen können, wie sie in Würde alt werden wollen. Das Haus der Senioren in Wels in Oberösterreich ist ein Vorzeigehaus der Diakonie. Unter einem Dach sind die verschiedensten Angebote für pflegebedürftige Menschen untergebracht - das reicht von einem stationären Bereich bis zum Büro der mobilen Pflegekräfte. Susanne Krischke hat das Haus für "Praxis" besucht.

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