Gedanken für den Tag

23. November 2021, 06:56

Heute möchte ich Sie in ein kleines Nachdenken über die Stille mitnehmen. Während der Lockdowns im vergehenden Jahr war diese ja - besonders in großen Städten - für uns alle mit Händen zu greifen. Nie habe ich Wien so still erlebt. Die großen Gebäude schauten schweigsam auf leere Plätze.

Natürlich kommt Musik aus der Stille. Die Stille bereitet gleichsam die Möglichkeit für Musik. Und auch während eines Musikstücks können Pausen, also ein Innehalten und die Abwesenheit von Klang enorme Bedeutung haben. Mich interessiert aber heute die Stille, die eintritt, wenn ein Musikstück zu Ende ist - ohne den Applaus natürlich. Wenn also das Publikum in die Stille zurückkehrt - oder besser entlassen wird. Es gibt so viele Empfindungen, die eintreten können: Glück oder Trauer, Zufriedenheit oder auch Bewunderung über eine besondere musikakrobatische Leistung. Dennoch ist immer das Gefühl präsent: oh, hoppla, es ist Schluss. Und wie jetzt weiter?

Ich möchte die Lockdowns verarbeiten, die ja auch Musikerinnen und Musiker so hart getroffen haben. In Alban Bergs Oper "Wozzeck" singt die Hauptfigur, also Wozzeck, an einer Stelle: "still....still....als wäre die Welt....tot....." Aber es ist November und da sollte man nicht nur mit innerer Grauheit in den Tag gehen.

Deshalb hören Sie jetzt die letzten Takte dieser Oper. Ja, es ist eine große Tragödie und Alban Berg komponiert in seinen Schlusstakten eine vollkommene Ratlosigkeit. Und dennoch bringt die einfache Schönheit dieser Stelle eine große Offenheit, ja Hoffnung zum Klingen.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler