Menora mit brennenden Kerzen, Chanukkah

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Gedanken für den Tag

Flackernde Lichter - Gedanken zu Chanukka von Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems

Viele der bekanntesten Weihnachtslieder des 20. Jahrhunderts stammen von jüdischen Komponisten und Songwritern. Doch früher war es andersherum. Fels meiner Rettung, so beginnt das Maos Tzur. Der Text zu diesem beliebtesten Chanukkalied der Welt stammt schon aus dem 13. Jahrhundert. Aber die Melodie, zu der es die meisten singen, sie stammt, wie so viele Chanukkaweisen, von christlichen Liedern.

Natürlich ist man auch darüber uneins. Die einen führen das Lied auf flämische Kirchenmusiker des 16. Jahrhunderts zurück. Der große jüdische Musikhistoriker Abraham Zvi Idelsohn hingegen sieht vor allem eine Verbindung zu frühen protestantischen Kirchenliedern, zum Beispiel Luthers "Nun freut Euch, lieben Christen g'mein".

Sei es wie es sei, die Melodie ist wunderschön, und sie fand natürlich auch Eingang in die wichtigsten Liederbücher der jüdischen Synagogenmusik des 19. Jahrhunderts. Salomon Sulzer richtete das Lied für sein 1840 erschienenes Schir Zion für den Wiener Synagogenchor ein. Und bald sang man es auch in pathetischer deutscher Übersetzung.

Damals stand schon in vielen jüdischen Häusern auch ein Weihnachtsbaum. In Wien tauchte der erste überhaupt, will man der für gewöhnlich gut informierten Metternich'schen Geheimpolizei glauben, im Salon der Fanny von Arnstein auf. So berichtet der Agent am 27. Dezember 1814, bei Arnsteins sei ein "sehr zahlreiches Weihbaum- oder Christbaumfest" "nach Berliner Sitte" gefeiert worden, ein damals in Wien noch unerhörter preußischer Brauch. Alle getauften und beschnittenen Anverwandte, wie es weiter hieß, hätten daran teilgenommen.

Und selbst Theodor Herzl, der dem Chanukkafest einen prominenten Platz im zionistischen Festkalender seines Judenstaats zuweisen wollte, er beharrte privat auf seinem Baum. Am 24. Dezember 1895 notierte er im Tagebuch: "Eben zündete ich mit meinen Kindern den Weihnachtsbaum an, als Güdemann kam." Der Rabbiner schien, so Herzl, "durch den ,christlichen' Brauch verstimmt. Na, drücken lasse ich mich nicht! Aber meinetwegen soll's der Chanukkabaum heißen."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: trad./arr. Roman Grinberg
Titel: Ma'oz Tzur
Solist/Solistin: Wiener Jüdischer Chor
Solist/Solistin: Roman Grinberg/Klavier
Leitung: Roman Grinberg
Label: https://wjchor.at/

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