Eine Krankenpflegerin versorgt in einem Patientenzimmer eines abgetrennten Bereichs für Covid-19-Patienten.

APA/DPA/MARIJAN MURAT

Radiokolleg - Die Krise der Care-Arbeit

Ursachen und Folgen einer Fehlentwicklung (2). Gestaltung: Ilse Huber

Nicht erst die Corona-Pandemie hat zutage gebracht, was seit Jahrzehnten schwelt: Es fehlen Strukturen und funktionierende Systeme, wenn es darum geht, Menschen zu begleiten und zu betreuen, die Hilfe und Unterstützung brauchen. Praktisch kein Mensch kann ohne Sorge leben. Die Sorge um, aber auch die Sorge für jemanden. Das beginnt mit der Obsorge eines Neugeborenen, setzt sich in der Fürsorge seiner Mitmenschen fort und betrifft auch Maßnahmen zur Vorsorge einer immer älter werdenden Gesellschaft. Im englischen Begriff Care steckt mehr als individuelle Pflege. Care heißt auch Rahmenbedingungen zu schaffen, langfristig füreinander da zu sein.

Da reicht es nicht, Verantwortung an jeden Einzelnen zu übertragen. Die Erschöpfung nimmt überall zu, der Druck auf Menschen, Institutionen und Einrichtungen natürlich auch. Der Kollaps bahnt sich dort an, wo Daseinsvorsorge gegen Erwerbsarbeit aufgewogen wird. Weltweit entstehen aus der Not neue Formen der Selbstständigkeit und immer ausgeklügeltere Versicherungsangebote: Care-Pakete und Care-Unternehmen. Aber sollen soziale Tätigkeiten wirklich wirtschaftlichen Marktmechanismen folgen?

Irgendwann wird aber jede und jeder in die Situation kommen, in der Pflege, Betreuung und Fürsorge wichtig sind. Das muss man sich jedoch leisten können. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn das Geld entscheidet: wird man eine Pflege im Alter bezahlen können? Wie kann die frühkindliche Herzensbildung umfassend gewährleistet werden? Die Besessenheit nach Produktivität und Gewinn hat auch die Care-Wirtschaft erfasst: wieviel kostet eine Stunde, ein Tag Aufmerksamkeit, Zuwendung und Aufsicht?

Wie konnte es nur soweit kommen, fragt auch die Soziologin Emma Dowling in ihrem 2021 erschienenen Buch "The Care-Crisis. What Caused It and How Can We End It".
Was sind die Ursachen für jene Schieflage in der Gesellschaft, die nicht nur gefährdete Personen ausgrenzt, verdrängt, abschiebt oder einfach ignoriert, sondern auch all jene, die sich für deren Wohlergehen einsetzen? Denn frühkindliche Pädagoginnen, Krankenhausangestellte und Heimhilfen sind bereits am Limit- und wen kümmert's?

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Bücher

Emma Dowling: The Care-Crisis. What Caused It and How Can We End It, Verlag Verso London 2021

Das Rote Wien 1919-1934, Ausstellungskatalog Wien Museum , Birkhäuser Verlag 2019

Evke Rulffes: Die Erfindung der Hausfrau- Geschichte einer Entwertung, HarperCollins Verlag, Hamburg 2021

Brigitte Aulenbacher, Helma Lutz, Karin Schwiter: Gute Sorge ohne gute Arbeit? Verlag Beltz Juventa, Basel 2021

Franziska Schutzbach: Die Erschöpfung der Frauen -Wider die weibliche Verfügbarkeit, Droemer Verlag, München 2021

Links

Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

offensive Gesundheit

Mehr für CARE

Österreichischer Gewerkschaftsbund

https://www.pflegeinitiative.ch/Pflegeinitiative

Bundesamt für Gesundheit Schweiz

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