Cyborg, Grafik

AP/MARK STEVENSON

Salzburger Nachtstudio

Invasive Technisierung? Technikphilosophie und Technikkritik

Invasive Technisierung? Technikphilosophie und Technikkritik. Gestaltung: Katrin Mackowski

Technische Einrichtungen und Infrastrukturen bestimmen, was heute Wahrnehmung, was Kommunikation ist und welche Formen von sozialem Leben möglich sind, sagt der Philosoph Gernot Böhme. Wir müssen also unser Verhältnis zur Technik neu bestimmen und hinterfragen. Moderne Technik ist schon lange nicht mehr nur Mittel zur Effizienz oder Optimierung, sondern ein "materielles Dispositiv" - etwas, das unser soziales Miteinander, aber auch das Verhältnis zu uns selbst verändert, erweitert, aber immer auch einschränkt. Technikphilosophie ist demnach zugleich Technikkritik.

"Der Cyborg, ein Hybrid aus Technischem und Organischem, wäre nicht der geforderte Übermensch, sondern vielmehr der von Nietzsche antizipierte ,letzte Mensch', schreibt Gernot Böhme in seinem Werk über "Invasive Technisierung". Dass uns das Smartphone, Implantate oder sogar Substrate von Organen quasi immer näher auf den Leib rücken, veranlasst den Technikphilosophen Mark Coeckelbergh hingegen weder zu Technikkritik noch zu Technikfaszination. Er bestimmt das Verhältnis von Mensch und Maschine, Mensch und digitalisierter Welt, mit Hilfe der Kunst und verwendet die Metapher des Tanzes und der Performance.

Die Beziehung von moderner Technik und Mensch deutet er als Choreographie der Bewegung. Wir sind eben "moved by machines" , wie er in einem seiner Werke schreibt. Wir werden dazu angehalten, bestimmte Haltungen anzunehmen wenn wir über das Mobilphone streichen, wir schlafen sogar mit dem Gerät ein. "Die Technologie tanzt mit uns und wir tanzen mit der Technologie", sagt Mark Coeckelbergh. Dieses Verhältnis ist ein Spiel, mit Wittgenstein gedacht, dem wir nicht entkommen, das wir immer wieder neu und kritisch durchdenken müssen. Das Verhältnis von Mensch und Maschine ist ein ineinander verwobenes, in dem beide Mit-Agenten des jeweils anderen sind. Die Beziehung ist dabei keinesfalls steril, sondern von einer romantischen Sehnsucht infiziert, wie der Philosoph in "New romantic cyborgs" beschreibt; Der User ist nicht nur User, der Programmierer nicht nur Programmierer, viel eher bewegt er sich wie romantischer Held Ende des 18. Jahrhunderts durch die moderne Technik; voller Erlösungswünsche, Idealisierungen und Allmachtsphantasien. Die virtuelle Welt, mit der wir tagtäglich umgehen, hat unser Ich, unsere Wahrnehmungen und das Körperempfinden längst in eine Hyper-Realität geführt, mit der wir jetzt konfliktreich und lustvoll zugleich, zurechtkommen müssen.

Sendereihe

Gestaltung

  • Katrin Mackowski