Zwischenruf

Thomas Hennefeld über Olympische Winterspiele in Peking

Thomas Hennefeld ist Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich

In der Bibel finden sich zahlreiche Friedensvisionen. Menschen aus allen Nationen und Sprachen kommen in Frieden und Gerechtigkeit zusammen, um die himmlische Herrlichkeit Gottes zu sehen. Für mich spiegelt sich in dieser Utopie auch der Gründungsgedanke der Olympischen Spiele der Neuzeit. Ihr Gründervater, der Franzose Pierre de Coubertin, träumte von einer friedlichen und sportlichen Veranstaltung der Völker der Welt über alle staatlichen und sprachlichen Grenzen hinweg. Für die Dauer der Spiele sollten auch alle Waffen auf der Welt schweigen.

Gerade ist der Startschuss für die Olympischen Winterspiele in Peking gefallen. In den letzten Tagen und Wochen hat es viel Kritik gegeben. Die renommierte Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" wirft der chinesischen Regierung Gräueltaten und schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Ethnische Minderheiten, wie Uiguren und Tibeter würden brutal verfolgt. Wer die chinesische Regierung kritisiert, riskiere langjährige Haftstrafen in Gefängnissen oder Umerziehungslagern. Leider fügen sich diese Spiele in eine unrühmliche Reihe sportlicher Großereignisse ein, bei denen Menschenrechtsverletzungen oder gar Verbrechen gegen die Menschlichkeit die Organisatoren nicht daran hinderten, die Spiele zu veranstalten.

1936 wurden etwa die Olympische Winter-,und Sommerspiele in Deutschland ausgetragen. Die Nürnberger Gesetze waren zu der Zeit bereits eingeführt. Jüdinnen und Juden wurden aus dem öffentlichen Leben weitgehend verbannt. Bei der Eröffnung der Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen trat der damalige Präsident des deutschen Olympischen Komitees Karl Ritter von Halt auf die Rednerbühne mit den Worten: "Wir Deutsche wollen der Welt auch auf diesem Wege zeigen, dass wir die Olympischen Spiele getreu dem Befehl unseres Führers und Reichskanzlers zu einem wahren Fest des Friedens und der aufrichtigen Verständigung unter den Völkern gestalten werden."
Wenige Jahre später, nach dem deutschen Angriff auf Polen, war es dann mit Frieden und Völkerverständigung vorbei. Aber es sind nicht nur die Menschenrechtsverletzungen, es sind auch auf den ersten Blick ganz "friedliche Maßnahmen", wie die Umsiedlung der Bevölkerung, um Platz für Stadien zu schaffen oder sklavenähnliche Arbeitsbedingungen beim Bau von Wettkampfstätten, die sportliche Großereignisse immer wieder in die Kritik bringen. So etwa auch die bevorstehende Fußball WM im Golfstaat Katar oder die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi. Bei all den Missständen soll der ursprüngliche olympische Gedanke nicht in Vergessenheit geraten. Dass nämlich solche Spiele ein Fest des Friedens und der Völkerverständigung sein sollen.

Ich wünsche mir, dass Sportlerinnen und Sportler den Mut aufbringen, kleine Zeichen der Solidarität mit den Verfolgten und Unterdrückten zu setzen. Ich wünsche mir auch, dass wir als Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Fernsehgeräten nicht nur mit unseren Sportlerinnen und Sportlern mitfiebern, sondern ab und zu daran denken, dass hier unzählige Menschen ihrer Freiheit beraubt werden. Und auch dazu lesen wir in der Bibel klare und deutliche Worte, wie z.B. im Buch der Sprichwörter: "Tu deinen Mund auf für die Stummen und für alle, die verlassen sind."

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Album: ARVO PÄRT: FRATRES
Titel: Fratres - für Violoncello und Klavier
Orchester: I Fiamminghi
Solist/Solistin: France Springuel /Violoncello
Solist/Solistin: Mireille Gleizes /Klavier
Leitung: Rudolf Werthen
Länge: 10:28 min
Label: Telarc CD 80387

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