Ein Kreuz vor blauem Himmel

AFP/ARIS MESSINIS

Gedanken für den Tag

Jan-Heiner Tück über Antike Karikaturisten

Crux - Über die Anstößigkeit des Kreuzes. Gedanken zur Karwoche
von Jan-Heiner Tück, katholischer Theologe

Jesus von Nazareth ist auf der Schädelhöhe Golgatha von römischen Soldaten brutal gekreuzigt worden. Die Passionsgeschichten in der Bibel schildern die Prozeduren der Tortur bis in die Einzelheiten. Im Zeichen des Kreuzes verdichtet sich die Erinnerung an das Leiden. Provokant ist die spätere Umdeutung von einem Folterinstrument zu einem Heilssymbol.
Dieser Umdeutung liegt die österliche Erfahrung der ersten Christinnen und Christen zugrunde, dass der Gekreuzigte lebt. Diese Erfahrung hat Biografien umgekrempelt. Saulus von Tarsus, ein gelehrter Pharisäer, hat die Anhänger Jesu zunächst verfolgt, er war auf dem Weg nach Damaskus, um Gläubige aufzuspüren und vor Gericht zu bringen. Er wollte ergreifen - und wurde ergriffen. "Warum verfolgst du mich?" Dieser Einbruch hat ihm die Sprache verschlagen und sein Leben durchkreuzt. Aus dem zelotischen Verfolger wurde der emphatische Bekenner. Seine Verkündigung aber hat Paulus unter das Zeichen "Christi, des Gekreuzigten", wie es in der Bibel heißt, gestellt.
Das Wort vom Kreuz, so schreibt Paulus an die Gemeinde von Korinth, sei den Juden ein "Skandal" und den Heiden eine "Torheit", den Gläubigen aber "Gottes Kraft". Für die Römer ist die Hinrichtung am Pfahl in der Tat der "schändlichste Tod", den man sich vorstellen kann. Für torafromme Juden ist die Kreuzigung ein Fluchtod, wie es im Buch Deuteronomium heißt.

Auch die älteste Darstellung von Jesus am Kreuz dokumentiert das auftrumpfende Unverständnis der römischen Umwelt. Das Spottkruzifix von Palatin zeigt einen Gekreuzigten mit Eselskopf. Links darunter ist ein Schüler zu sehen, der seine Hände zum Gebet erhebt, die Bildunterschrift lautet: "Alexamenos betet seinen Gott an." Bei der Karikatur, die um das Jahr 200 n. Chr. entstanden ist, handelt es sich um eine antike Form von Mobbing, sie trifft bei aller Verzeichnung doch den entscheidenden Punkt: Der wie ein Verbrecher Gekreuzigte soll mit Gott selbst zu tun haben, ja er soll der Retter und Heiland sein? Für den antiken Karikaturisten eine verrückte, ja wahnwitzige Vorstellung!

Das Christentum rückt diese wahnwitzige Vorstellung ins Zentrum. Sie denkt Gott nicht nur in Kategorien der Größe, Stärke und Vollkommenheit. Gottes Macht ist so groß, dass er auch die Gestalt der Ohnmacht annehmen kann, die Passion seiner Liebe reicht so weit, dass sie sich herabneigen und erniedrigen kann, um den Kleinen und Verlorenen nahe zu sein. In dieser Schwäche liegt, wie Paulus sagt, Gottes Kraft.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Luigi Boccherini 1743 - 1805
Bearbeiter/Bearbeiterin: Ton Koopman geb.1944
Album: YO YO MA: SIMPLY BAROQUE
* Adagio - 2.Satz (00:04:50)
Titel: Konzert für Violoncello und Orchester Nr.7 in G-Dur G 480
Cellokonzert
Solist/Solistin: Yo Yo Ma
Orchester: The Amsterdam Baroque Orchestra
Leitung: Ton Koopman
Länge: 04:50 min
Label: Sony Classical SK 60680

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