Novalis, Staalstich vom Friedrich Eduard Eichens (1845), Ausschnitt

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Gedanken für den Tag

Die Geburt der Moderne im Geist der deutschen Romantik - Zum 250. Geburtstag von Novalis von Wolfgang Müller-Funk, Literaturwissenschafter

Im Hinblick auf das heute verbreitete Unbehagen der Geschlechter mögen die romantischen Vorstellungen über Mann und Frau hoffnungslos überhöht anmuten. Kritiker der Romantik wie Carl Schmitt haben sie zudem wegen ihrer Affinität für das Weibliche gerügt. In der Tat gibt es in der Welt der Romantiker viele Männer, die nach gängiger Vorstellung eher weiblich und zart besaitet sind.

Novalis und sein Umfeld haben mit dem romantischen Menschen neue Formen von Männlichkeit und Weiblichkeit entworfen. So gibt es poetische Frauengestalten wie die erotisch initiativ auftretende Ginnistan, die einen wilden zärtlichen erotischen Reigen in Gang setzt. Die Frau ist es, die den "Übergang vom Körper zur Seele macht", schreibt Novalis einmal.

Wir begegnen bei Novalis Männern und Frauen in höchst unterschiedlichen Positionen. Sie erscheinen einmal als Oppositionspaar, dann wieder als Komplemente, die aufeinander angewiesen sind. Den Frauen wird zunächst ein pflanzliches, den Männern ein tierisches Moment zugeschrieben, In der Figur des Engels, die in der Romantik stets präsent ist, wird die Faszination für das Androgyne offenkundig. Dieses ist weit gefasst und führt zu dem Befund, dass beide Geschlechter Momente des jeweils Anderen in sich tragen.

Nicht zu vergessen sind die realen Frauen der deutschen Frühromantik, Caroline Schelling, Rahel Varnhagen, Caroline von Günderode und Dorothea Schlegel, durchaus kräftige Stimmen. Sehr anschaulich führt das Novalis Landsmann und Weggefährte Friedrich Schlegel vor, dessen Geburtstag sich ebenfalls zum 250. Male jährt. In dem seinerzeit zum Skandal avancierten Roman Lucinde steht über die "schönste Situation der Freude" zu lesen: "Eine unter allen ist die witzigste und die schönste, wenn wir die Rollen vertauschen und mit kindischer Lust wetteifern, wer den anderen täuschender nachäffen kann, ob dir die Rolle des Mannes besser gelingt, oder mir die anziehende Hingabe des Weibes."

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Jacques Offenbach 1819 - 1880
Bearbeiter/Bearbeiterin: Manuel Rosenthal 1904 - 2003
Titel: Gaite parisienne / Ballett / Ausschnitte
* 11. Valse. Moderato - Nr.14 (00:03:12)
Orchester: Berliner Philharmoniker
Leitung: Herbert von Karajan
Länge: 03:12 min
Label: DG 429163-2

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