Zwischenruf

P. Franz Helm über den "Marienmonat" Mai

Der Rektor im Missionshaus St. Gabriel in Maria Enzersdorf erzählt von der besonderen Bedeutung Marias für die Armen Süd- und Mittelamerikas

Wir sind im "Wonnemonat Mai". Katholischerseits wird er auch "Marienmonat" genannt. Es ist schon erstaunlich, wie viele Marien-Wallfahrtsorte es weltweit gibt. Besonders in Lateinamerika. Da wird Maria in Mexiko als Virgen de Guadalupe verehrt, und in Brasilien als Nossa Senhora Aparecida.

Meine erste Begegnung mit der Aparecida war in Barra Mansa, einer Pfarre im Paraíba-Tal. Bei einem Gottesdienst kamen die Fischer der Stadt, durchgehend Nachfahren afrikanischer Sklaven. Mit nacktem Oberkörper brachten sie eine Statue der Nossa Senhora Aparecida und stellten sie vorne neben den Altar. Viele waren ja dagegen, dass die Prozession der Fischer in die Kirche darf, denn diese waren oft afrobrasilianischen Kulten verbunden. Aber für uns Steyler Missionare war klar: Die Kirche ist ein Haus für alle Menschen, und besonders für Arme und Diskriminierte. So stand die Statue dann in der Kirche, über und über mit Blumen geschmückt.

Eindrücklich in Erinnerung ist mir der Kommuniongang. Da kamen die Menschen nach vorne und gingen an mir vorbei zur Marienstatue, um sie zu berühren. Wie bestellt und nicht abgeholt kam ich mir vor, mit der Kommunion in der Hand, die diese Gläubigen ignorierten. Sie wollten zu ihrer Mutter, der Mãe Aparecida.

Kein Wunder, dachte ich mir später, als ich ihre Geschichte näher kennenlernte. Fischer mussten Anfang des 18. Jahrhunderts für die Ankunft des neuen Gouverneurs frischen Fisch besorgen. Wehe, sie würden nichts bringen! Lang fingen sie nichts. Nur eine kleine, von Schlamm bedeckte Figur ohne Kopf ging ihnen ins Netz. Beim nächsten Wurf - ein Kopf! Als sie die Teile zusammenfügten, war es eine Marienstatue. Noch einmal warfen sie das Netz aus, und sie fingen viele Fische. Eine Kapelle zur Verehrung der Statue wurde gebaut, und es ereigneten sich wundersame Dinge. Dem entlaufenen Sklaven Zacarias fielen beim Gebet vor der Mãe Aparecida die Ketten von den Handgelenken, und er war frei, so wird berichtet.

Als sich die lateinamerikanischen Bischöfe 2007 im Wallfahrtsort Aparecida versammelten, schrieb die Theologin Maria Cecília Domezi: "Gott offenbart sich in einem zerbrochenen Bild, das geschwärzt und von einem anderen offiziellen Bild geborgt ist. Der Gott der Armen offenbart sich im Handeln Marias. Er zeigt den Leib einer verletzten Frau und einer auseinandergefallenen Gesellschaft. Er trägt die Spuren der Sklaverei und des Schmerzes über den Rassismus." Die Theologin folgert daraus: "Der patriarchale klerikale Kopf muss eintauchen in den kulturellen Schlamm der Verarmten, damit von den Verarmten her Veränderung geschieht. Die Kirche der Armen weiß die Stücke zusammenzufügen, die Macht in einen geschwisterlichen Dienst zu verwandeln."

Das hört sich an wie Leitworte für den synodalen Prozess, der derzeit in der katholischen Kirche stattfindet. Papst Franziskus selbst schrieb ja in einem Brief zum 300-Jahr-Jubiläum von Aparecida: "Wir begegnen der Gottesmutter mitten im Fluss, umgeben von Schlamm. Da erwartet sie ihre Kinder, inmitten ihrer Kämpfe und Suchbewegungen. Sie hat keine Angst, einzutauchen in die Wechselfälle der Geschichte und sich, wenn notwendig, schmutzig zu machen, um die Hoffnung zu erneuern."

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Traditional
Bearbeiter/Bearbeiterin: Hans Haider
Album: BRAZIL - ARGENTINA / ETHNIC / FOLK MUSIC / NATIONAL CHARACTER
Titel: Blues Bossa Nova/instr.
Brasilien, Argentinien
Ausführende: Unbekannt
Länge: 02:46 min
Label: Sonia CD77124

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