Fronleichnam-Seeprozession auf dem Hallstättersee.

APA/PRESSEFOTO MARION & REINHARD HÖRMANDINGER

Memo - Ideen, Mythen, Feste

Parade, Demo, Prozession

Das Fest Fronleichnam und die Bedeutung öffentlicher Selbstdarstellung

Am 1. Mai, zu Fronleichnam, bei der "Gay Pride" oder bei jeder anderen "Demonstration": Wenn Menschen organisiert "auf die Straße gehen", dann hat das immer eine politische Dimension. Im Extremfall der Militärparade kann daraus sogar eine echte Machtdemonstration werden. Die Anfänge des "Fronleichnamsfestes" waren freilich rein frommer Natur: 1264 wurde es von Papst Urban IV. in den liturgischen Kalender eingefügt; eine wichtige Rolle haben dabei die Visionen der Heiligen Juliane von Lüttich, Ordensfrau und Mystikerin, gespielt. Ab dem 12. Jahrhundert tritt das "Altarsakrament" immer stärker ins Zentrum der Frömmigkeit. Der "Leib Christi" - in der Gestalt der Hostie - wird nicht mehr im Tabernakel versteckt, sondern zur Verehrung auf die Straße hinausgetragen. Für den Reformator Martin Luther war Fronleichnam daher das "allerschändlichste Fest, denn da tut man alle Schmach dem heiligen Sakrament, dass man's nur zum Schauspiel umträgt und eitel Abgötterei damit treibet." Tatsächlich geriet Fronleichnam in den Zeiten der Rekatholisierung Österreichs zur katholisch-triumphalistischen Machtdemonstration - und hat in diesem Sinn auch in den politischen Auseinandersetzungen der Ersten Republik noch eine wichtige Rolle gespielt.

Aber auch aus anderen Gründen ist man in der modernen katholischen Theologie mit diesem Fest nicht mehr restlos glücklich. Am Tag, an dem traditionell die Katholikinnen und Katholiken "auf die Straße gehen", beleuchtet MEMO Geschichte und Bedeutung von "Fronleichnam". Der Name des Festes ist übrigens irreführend: Er ist vom mittelhochdeutschen Wort "licham" abgeleitet, das eindeutig den "lebendigen" Leib ("des Herrn" = vrone) bezeichnet. In vielen anderen Sprachen trägt es den lateinischen Titel "Corpus Christi"- also "Leib Christi"-Fest. - Gestaltung: Markus Veinfurter

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