Bub in Äthiopien

ORF/ALEXANDRA MANTLER

Praxis spezial

Äthiopien und der "grüne Hunger"

Ein Bild von der dramatischen Lage in Äthiopien

Am Horn von Afrika bahnt sich eine Hungerkatastrophe an. Trockenheit und Dürre haben die Ernte verdorren lassen, das Vieh verhungert - und mit ihm die Menschen. Äthiopien bezieht mehr als 75 Prozent seines Getreides aus der Ukraine und Russland. Als Folge des Ukrainekrieges bleiben Getreidelieferungen aus und die Lebensmittelpreise steigen rapid. Alexandra Mantler konnte sich - zusammen mit Vertretern der österreichischen Caritas - in Äthiopien ein Bild von der dramatischen Lage machen.

Wir könnten in das Feld hineinsteigen, sagt Bauer Abdele Nunu im Süden Äthiopiens. Die Ähren seien ohnehin leer. Jetzt wäre Erntezeit für Teff, das Getreide, aus dem das äthiopische Fladenbrot Injera gebacken wird. Weil es in der "kleinen Regenzeit" von März bis Mai nicht geregnet hat, taugen die dürren Halme höchstens, um die ebenso dürren Rinder zu füttern.

Vom "grünem Hunger" spricht Pater Michael Didawario von der lokalen Partnerorganisation der österreichischen Caritas: "Als ich noch ein Kind war, hatten wir alle zehn Jahre Dürreperioden, aber die Abstände werden kürzer: 2012 hatten wir eine Dürre, dann 2015, 2017 und dieses Jahr schon wieder."

Ein Viertel der Bevölkerung Äthiopiens leidet an Hunger, speziell im Süden des Landes, aber auch in der Konfliktregion Tigray im Norden. Dort haben sich die Volksbefreiungsfront und die äthiopischen Regierungstruppen über ein Jahr lang erbitterte Kämpfe geliefert. Nun sollen einem Waffenstillstand Friedensverhandlungen folgen, hat Premierminister Abiy Ahmed vor Kurzem angekündigt. Doch schon weniger Tage später kommt es in der Region Oromia zum blutigsten Massaker seit der Ausrufung des Waffenstillstandes mit fast 300 Toten. Abiy spricht von "Terror" und kündigt "null Toleranz" gegenüber den Schuldigen an.

Lange Zeit waren die Provinzen Tigray, Afar und Amhara im Norden des Landes auch für Hilfslieferungen für die notleidende Zivilbevölkerung abgeriegelt. Diese seien mittlerweile möglich, bestätigt David Beasley, Direktor des UN-Welternährungsprogramms bei einer Pressekonferenz in Addis Abeba. Schwierig sei im Moment allerdings die Finanzierung, so Beasley. "Aufgrund der Rezession sagen plötzlich viele politisch Verantwortliche weltweit: Warum sollten wir Geld in ein anderes Land schicken, wenn wir Probleme im eigenen Haus haben?" Darum versuche er, im Westen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass "die Folgen Destabilisierung, Massenmigration und Hungersnöte wären und das kostet uns tausendmal mehr".

Auch Österreich sollte seinen Beitrag leisten, fordert der geschäftsführende Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner: "Hunger ist ein Skandal, der zum Himmel schreit. Hunger ist gleichzeitig ein leiser Skandal, den wir gerne überhören."

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