Ausstellung von Gemälden des Künstlers Edward Hopper

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Gedanken für den Tag

Johanna Schwanberg über Edward Hopper

"Bilder der Stille". Anlässlich dessen 140. Geburtstages fragt die Direktorin des Dom Museum Wien nach den Emotionen, die heute durch Hoppers Gemälde ausgelöst werden

Zwei Schauspieler im Stil der Commedia dell'arte stehen ganz vorne an einer Bühnenrampe. Die Frau trägt ein weißes Kleid mit einem breiten Plisseekragen und eine weiße Haube; der Mann ist mit einem weißen Pierrot-Anzug und einem roten Barett bekleidet.

Die Theaterleute verbeugen sich Hand in Hand vor einem nicht sichtbaren Publikum im Hintergrund ist nichts als Dunkelheit zu sehen. "Zwei Komödianten" nennt sich dieses Ölgemälde aus dem Spätwerk Edward Hoppers, das mich besonders fasziniert, auch wenn es nicht das bekannteste Bild des amerikanischen Künstler-Stars ist. Nachdenklich stimmt mich allein schon die Tatsache, dass es sich dabei um das letzte große Ölgemälde und das vorletzte Bild des Künstlers überhaupt handelt. Hopper malte es 1966, also ein Jahr vor seinem Tod, als eine Art Abschiedsgruß in Form einer letzten Verbeugung.

Lange befand sich das Bild später im Besitz des Sängers Frank Sinatra und seiner Frau Barbara, die sich offenbar mit dem Theatermotiv identifizierten. Zweifelsohne hat sich Hopper in "Zwei Komödianten" zusammen mit seiner Frau Josephine Hopper porträtiert. Die Ehe scheint Notizen, Interviews und Zeitzeugenberichten nach ausgesprochen symbiotisch, aber auch extrem schwierig gewesen zu sein. Jo Nivison, wie sie vor ihrer Heirat hieß, war ebenfalls eine vielversprechende Künstlerin. Sie erlebte dasselbe tragische Schicksal wie viele ihrer kunstschaffenden Kolleginnen dieser Generation: Lebenslang stand sie im Schatten ihres berühmten Mannes, dem sie nicht nur stets als Modell diente, sondern den sie auch maßgeblich inspirierte und unterstützte.

Das Ergreifende an diesem Werk ist für mich, dass Hopper hier durch den gemeinsamen Auftritt und die Verschränkung der Hände eine Nähe zwischen zwei Menschen erzeugt wie in keinem seiner berühmten Bilder davor. Zugleich hält er die Bedeutung seiner Frau als Teil eines erfolgreichen Teams - vielleicht erstmals in seiner Kunst überhaupt - dankend in Farben und Formen fest. Das berührt mich und erinnert mich daran, mir stets bewusst zu machen, dass auch meine Zeit begrenzt ist. Auch wenn es im Alltag oft in den Hintergrund gerät, möchte ich eigentlich nicht bis zum letzten Vorhang warten, um denen meine Zuneigung auszudrücken, die mit mir gemeinsam auf der Bühne dieses Lebens stehen.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Sondheim
Album: Ol' blue eyes is back
SEND IN THE CLOWNS
Ausführende: Frank Sinatra
Länge: 04:10 min
Label: Reprise 902155

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