Tigerstechmücke

APA/CENTERS FOR DISEASE CONTROL/JAMES GATHAN

Medizin und Gesundheit

Tigermücke & Co. - Ungebetene Sommergäste durch Klimawandel und Globalisierung

Was wäre ein lauer Sommerabend ohne lästige Stechmücken. Das Summen der Insekten ist zurzeit kaum wegzudenken und gehört auch am Neusiedler See zum guten Ton. Dort sind die Seefestspiele in Mörbisch als "Gelsenreitschule" längst zu großer Berühmtheit gelangt. So weit, so bekannt.
Immer öfter entdeckt man jedoch so manches Getier im eigenen Garten, das man bislang nur vom Urlaub in fernen Ländern kannte. Tatsächlich wurden in den letzten Jahrzehnten in Österreich zunehmend auch gebietsfremde Gelsen-Arten heimisch.

Blinde Passagiere

Dass sich exotische Tiere auch hierzulande breitmachen, ist jedoch weniger dem Klimawandel geschuldet als vielmehr dem globalen Warenhandel. Die Insekten gelangen, als blinde Passagiere, über die Kontinente nach Österreich. So haben etwa importierte Pflanzen, wie der Glücksbambus "Lucky Bamboo", oder auch Autoreifen, in denen sich während der langen Reise Wasser ansammelt, der asiatischen Tigermücke den Weg nach Europa geebnet. Per Güterverkehr angereist, verlassen die Gelsen an Autobahnraststätten ihre Mitfahrgelegenheit, finden hier gewohnte klimatische Verhältnisse vor und suchen nach geeigneten Brutplätzen.

Potenziell bedrohliche Tigermücke

Die Verbreitung der Tigermücke sehen die Gesundheitsbehörden mit gewisser Sorge. Im Unterschied zu den heimischen Gelsen-Arten ist das an den gestreiften Beinen erkennbare Insekt tagaktiv und potentieller Überträger verschiedener exotischer Krankheitserreger, wie dem Dengue- oder Chikungunya-Virus. Da diese Viren in Mitteleuropa jedoch noch nicht natürlich vorkommen, ist das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung noch als gering einzustufen. Dennoch sollte man, so Hans-Peter Führer vom Institut für Parasitologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien, potenzielle Brutstätten im eigenen Umfeld beseitigen. Es ist sinnvoll Gegenstände, in denen sich Regenwasser ansammeln kann, Vasen, Topfuntersetzer oder Gießkannen entleeren oder Fässer abdecken.

Wärmere Temperaturen locken Blutsauger an

Mit dem Klimawandel durchaus in Verbindung gebracht wird die Ausbreitung des, übrigens meist durch einheimische Gelsen-Arten übertragenen, West-Nil-Fiebers. Verbreitet wird der Erreger über Zugvögel, die zunehmend mit dem Virus infiziert sind und deren Flugrouten sich in den letzten Jahren klimabedingt verändert haben. Zwischen 2009 und 2021 wurden, laut AGES, 52 im Inland erworbene Erkrankungsfälle bestätigt, die jedoch meist glimpflich verlaufen sind.
Zudem wandern, aufgrund der steigenden Temperaturen, Spinnentiere und Insekten vom Mittelmeerraum zunehmend nach Norden, sowie Zecken (und damit auch FSME-Viren) in höhere Lagen. Damit ist man auch oberhalb von 1.500 Metern nicht mehr sicher vor einer Infektion durch einen Stich der Blutsauger.
Die Gefahr, dass sich durch zugewanderte Arten auch Erkrankungen wie Malaria hierzulande ausbreiten könnten, sei jedoch nicht gegeben, so die Infektiologin Ursula Hollenstein. Zwar werde auch diese Tropenkrankheit von Mücken übertragen, eine Ausbreitung sei jedoch, aufgrund der guten hygienischen Bedingungen sowie der verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten, nicht zu befürchten.

Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos widmet sich in der aktuellen Ausgabe des Radiodoktor den kleinen und großen, alteingesessenen und neu hinzugekommenen Quälgeistern und den mehr oder minder effektiven Maßnahmen, um sich vor ihnen zu schützen.

Moderation: Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos
Sendungsvorbereitung: Dr. Ronny Tekal
Redaktion: Dr. Christoph Leprich und Lydia Sprinzl, MA

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Haben Sie schon persönlich Bekanntschaft mit der Tigermücke gemacht?

Wurde bei Ihnen einmal eine Infektion mit einer Tropenkrankheit festgestellt, obwohl Sie gar nicht dort waren?

Haben Sie den Eindruck, dass sich die Insektenarten in Ihrem Garten in den letzten Jahren verändert haben?

Service

Studiogäste:

Dr.rer.nat. Priv.-Doz. Hans-Peter Führer
Institut für Parasitologie
Department für Pathobiologie
Veterinärmedizinische Universität Wien
Veterinärplatz 1
1210 Wien
Tel.: +43/1/250 77 2205
E-Mail
Homepage

Dr.in Ursula Hollenstein
Infektiologin und Fachärztin für Tropenmedizin
Reisemedizinisches Zentrum Traveldoc
Favoritenstraße 32
1040 Wien
Tel.: +43/1/505 64 46
E-Mail
Homepage

Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin Meduni Wien
Infos zur Asiatischen Tigermücke (Bayrisches Gesundheitsamt)
Infos zu Gelsen und Krankheiten (AGES)
Meldung von Tigermücken an AGES mittels App "Mosquito-Alert"
Infos zur Tropischen Riesenzecke (Medmix)
Quälgeister: Was tun gegen Gelsen? (burgenland.orf.at)
Was hilft gegen Mücken? (NDR)
Informationen zum West-Nil-Fieber (Gesundheitsministerium Österreich)
Liste der Krankheitserreger (AGES)

Buch-Tipps:

Frauke Fischer, Hilke Oberhansberg, "Was hat die Mücke je für uns getan? Endlich verstehen, was biologische Vielfalt für unser Leben bedeutet", Oekom Verlag, 2020

Claudia Traidl-Hoffmann, Katja Trippel, "Überhitzt: Die Folgen des Klimawandels für unsere Gesundheit. Was wir tun können", Dudenverlag, 2021

Timothy C. Winegard, "Die Mücke: Das gefährlichste Tier der Welt und die Geschichte der Menschheit", Terra Mater Books, 2020

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