Ludwig Feuerbach

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Gedanken für den Tag

Ludwig Feuerbach

"Reine Glaubenssache". Der evangelisch-reformierte Theologe Ulrich Körtner über den religionskritischen Philosophen anlässlich dessen 150. Todestages

Ich erhielt einmal eine Geburtstagskarte, auf der zu lesen stand: "Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann, so ist es der Glaube an die eigene Kraft." Der Spruch stammt angeblich von Marie von Ebner-Eschenbach (1830 - 1916). Ich halte ihn für Unfug. Unsere übliche Vorstellung von einer selbstbestimmten Lebensführung ignoriert gern, dass unsere Autonomie und unsere Freiheit nur beschränkt und endlich sind.

"Der Wunsch alles durch sich selbst sein zu wollen, ist ein falscher Stolz", so schreibt der evangelische Theologie Dietrich Bonhoeffer (ermordet 1945). "Auch was man anderen verdankt, gehört eben zu einem und ist ein Stück des eigenen Lebens, und das Ausrechnenwollen, was man sich selbst ,verdient' hat und was man anderen verdankt, ist sicher nicht christlich und im Übrigen ein aussichtsloses Unternehmen. Man ist eben mit dem, was man selbst ist und was man empfängt, ein Ganzes," ist Bonhoeffer überzeugt.

Auch Selbstvertrauen entsteht gerade dann, wenn man sich nicht allein auf sich selbst verlässt. Es entsteht, wenn jemand anderer mir etwas zutraut. Auch Gott traut Menschen etwas zu, glaube ich. Darum schließen Gottvertrauen und Selbstvertrauen einander nicht aus. Mit Gottes Wirken ist nicht nur dort zu rechnen, wo Menschen passiv sind, sondern auch dort, wo sie aktiv sind und ihr Leben selbst in die Hand nehmen.

Glaube ist ein besonderer Sinn für das Mögliche. Wie es nämlich einen Wirklichkeitssinn gibt, so auch - mit Robert Musil gesprochen - einen Möglichkeitssinn. Christlich gewendet: ein Sensorium für Gott als Grund neuer Möglichkeiten. Wer glaubt, dem ist demnach mehr möglich, kann doch der Glaube, wie es im Neuen Testament heißt, sogar Berge versetzen (Matthäus 17,20). Wer glaubt, leugnet keineswegs die Welt der Fakten, aber er lässt sich nicht von der vermeintlich unumstößlichen Macht des Faktischen in die Knie zwingen. Als gläubiger Mensch vertraue ich darauf, dass sich in vermeintlich auswegloser Lage neue Wege auftun können. Das haben Menschen im Laufe der Geschichte immer wieder erfahren und dabei Kraft aus den Verheißungen und Visionen der Bibel geschöpft.

Service

Buch, Ulrich Körtner, "Wahres Leben. Christsein auf evangelisch", Evangelische Verlagsanstalt Leipzig

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Franz Liszt 1811 - 1886
Album: Glockeninspirierte Klaviermusik
Titel: La cloche sonne - Studie für Klavier
Anderssprachiger Titel: Die Glocke erschallt
Solist/Solistin: Arnold Schalker
Länge: 07:40 min
Label: Tudor 716

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