Das Kollektiv arbeitet an Druckern für die documenta in Kassel.

AFP/INA FASSBENDER

Punkt eins

Lumbung und die Folgen

Antisemitismus-Vorwürfe überschatteten die größte Kunstschau der Welt.
Gäste: Dr. Hanno Loewy, Publizist, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems & Dr. Nina Schedlmayer, Kunstkritikerin, Journalistin.
Moderation: Alexander Musik.
Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79
E-Mails an punkteins(at)orf.at

Künstler-Kollektive aus aller Welt - aber keines aus Israel - bestimmten die Sonntag zu Ende gegangene "documenta 15", die größte Kunstschau der Welt, in Kassel. Die künstlerische Leitung hatte ebenfalls ein Kollektiv übernommen: "ruangrupa" aus Jakarta in Indonesien. Kuratiert wurde ausdrücklich im Geiste von "lumbung", zu deutsch "Reisscheune". Gemeint war, dass die künstlerische Ernte - so wie der Reis in einer indonesischen Scheune - nach gemeinsam bestimmten Kriterien angemessen verteilt wird.

Ziel war, das klassische westliche Kunstverständnis zu torpedieren: nicht zuletzt durch Schlagworte wie Nachhaltigkeit, globale Kooperation, post-kolonialistische Theorie, Interdisziplinarität. Freundschaftliches Miteinander statt einsamer Genie-Kult.

Ein kinoleinwandgroßes Wimmelbild des Kollektivs Taring Padi mit dem Titel "People's justice" genügte, um den Ruf der "documenta 15" zu untergraben: als Plattform für antisemitische Propaganda. Darauf zu sehen waren als antisemitisch identifizierbare Karikaturen und Symbole. Taring Padi entschuldigte sich später dafür: "Wir haben aus unserem Fehler gelernt und erkennen jetzt, dass unsere Bildsprache im historischen Kontext Deutschlands eine spezifische Bedeutung bekommen hat."

Teile des deutschen Feuilletons nahmen den Ball gerne auf. Auf Schuldzuweisungen folgte der Rücktritt der "documenta"-Geschäftsführerin Sabine Schormann. Das inkriminierte Wimmelbild wurde erst verhüllt, dann abgehängt. Die Werke von 1.500 eingeladenen Kunstschaffenden bekamen einen Bruchteil der medialen Aufmerksamkeit, der Taring Padi oder dem ebenfalls in Verruf geratenen Bild "Guernica Gaza" zu Teil wurde, das eine Analogie der Zerstörung Guernicas durch die deutsche Legion Condor 1937 und Gaza durch die israelische Armee suggeriert.

"Die Diskussion ist dort völlig entglitten", sagt Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, im ORF. Klar sei aber, dass sich jene es viel zu einfach machten, die nun mit dem Zeigefinger auf antisemitische Ikonografien mancher eingeladener Künstler:innen zeigten.

Was bleibt künstlerisch von der "documenta 15"? Sorgte die angestrebte radikale Öffnung der Kunstwelt in Richtung "globaler Süden" ästhetisch für frische Luft oder ist sie nach hinten losgegangen? Wie unausgewogen darf und soll die "documenta" sein?

Alexander Musik spricht mit Dr. Hanno Loewy, Publizist und Direktor des Jüdischen Museum Hohenems und Dr. Nina Schedlmayer, Kunstkritikerin und Journalistin. Wenn Sie sich an der Diskussion beteiligen möchten, rufen Sie uns unter 0800 22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich, an oder schreiben Sie uns ein Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Alexander Musik

Playlist

Urheber/Urheberin: Dick Kattenburg
Titel: Suite Pour Piano À Quatre Mains_ III. Lied Ohne Worte
Ausführender/Ausführende: Friederike Haufe & Volker Ahmels
Länge: 03:11 min
Label: Medienkontor

Urheber/Urheberin: Dick Kattenburg
Titel: Deux Valses Á Quatre Mains_ II. Poco Lento
Ausführender/Ausführende: Friederike Haufe & Volker Ahmels
Länge: 02:06 min
Label: Medienkontor

Urheber/Urheberin: Dick Kattenburg
Titel: Suite Pour Piano À Quatre Mains_ I. Flirtations
**0:49 UNTERLEGT
Ausführender/Ausführende: Friederike Haufe & Volker Ahmels
Länge: 04:25 min
Label: Medienkontor

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