Antonio Canova

GEMEINFREI

Gedanken für den Tag

Amor und Psyche

Die Kunsthistorikerin Anna Frasca Rath über Antonio Canova anlässlich dessen 200. Todestages

Steigt man in London aus der U-Bahn, um ins Victoria and Albert Museum zu gehen, dann läuft man durch die Skulpturen Galerie. Dort steht zwischen einer Reihe von Skulpturen ein etwas unscheinbares Werk, das allerdings ein Schlüsselwerk des europäischen Klassizismus ist. Es handelt sich um Canovas Gruppe des Theseus mit Minotaurus.

Berühmt war die Gruppe, weil sie auftragslos entstanden ist. Das heißt, der Künstler konnte ganz alleine über das Konzept dieser Figurengruppe entscheiden. Sie wurde Ende des 18. Jahrhunderts für Wien erworben von Josef Graf von Fries, der sie in seinem Palais gegenüber der Kaiserlichen Hofbibliothek ausstellte.

Theseus sitzt ruhend auf dem Körper des erschlagenen Minotaurus. Er hat den Kampf gegen die Bestie schon gewonnen, aber er präsentiert sich nicht wie ein Sieger. Er ist nachdenklich und hat den Blick nach unten gewandt, scheint über das nachzudenken, was ihm gerade passiert ist. Erschöpft stützt er sich auf die Keule, das war seine Waffe. Der Blick entzieht sich dem Betrachtenden und erweckt den Eindruck, als würde er über seine Tat nachsinnen. Unter ihm liegt der getötete Minotaurus. Schlaff ist er über einen Felsen zurückgesunken. Und erst wenn man um die Figurengruppe herumgeht, erblickt man auf der Rückseite das starre Gesicht der toten Bestie.

Die Gruppe wurde bewundert, weil man in ihr genau das Ideal der antiken Kunst wiederfand. Das wurde von Johann Joachim Winckelmann beschrieben, dem wichtigsten Archäologen dieser Zeit. Und er beschrieb es wie folgt: "So wie die Tiefe des Meers allezeit ruhig bleibt, die Oberfläche mag noch so wüten, ebenso zeiget der Ausdruck in den Figuren der Griechen bei allen Leidenschaften eine große und gesetzte Seele." Diese große und gesetzte Seele, diese Erhabenheit über die Leidenschaften, das war das, was man an der Theseus Gruppe so bewundert hat. Es ist eben kein heroischer Sieger, der sich hier triumphierend zeigt. Hier zeigt sich jemand nachdenklich und gelassen. Er fragt sich, was ein Sieg überhaupt bedeutet. Und er ist erhaben über diese starken Gefühle, die der Kampf in ihm ausgelöst haben muss.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Luigi Cherubini 1760 - 1842
Titel: Symphonie in D-Dur
* Minuetto : Allegro non tanto - 3.Satz (00:05:12)
Orchester: Orchestra della Toscana
Leitung: Donato Renzetti
Länge: 05:12 min
Label: Frequenz 011042

weiteren Inhalt einblenden