Bühnenlichter, Jazznacht

AP

Radiokolleg - Krautrock

Klangtrips mit der Traumaschine (1)
Gestaltung: Thomas Miessgang, Walter Gröbchen

Krautrock ist ein recht unglückseliger Begriff, mit dem die experimentelle, (west)deutsche Musik der späten 1960er und siebziger Jahre bezeichnet wird. Er leitet sich vom Begriff Krauts her - so bezeichneten die Engländer im Zweiten Weltkrieg die Deutschen nach ihren präsumtiven Nahrungsvorlieben. Aber so inadäquat die Definition auch sein mag, sie markiert eine Musik, die einen gewaltigen rockhistorischen Emanzipationsschritt darstellte. War deutsche Musik in den frühen 1960er Jahren nicht mehr als ein mehr oder weniger gelungener Nachbau angloamerikanischer Beat-Vorbilder, so ging es dem Krautrock um eine völlig neue musikalische Vision, die sich zwar noch aus der US-amerikanischen psychedelischen Tradition speiste, im Besonderen aus den halluzinatorischen Entgrenzungsphantasien des LSD-Papstes Timothy Leary, ansonsten aber in viel größerem Maße kontinentaleuropäische E-Musik-Elemente, Free Jazz und auch Volksliedtraditionen einbrachte.

Auffällig und ungewöhnlich am Krautrock war, dass sich dort nicht vorwiegend traditionelle Rockmusiker betätigten, sondern Free Jazzer wie die Schlagzeuger Mani Neumaier oder Jaki Liebezeit oder ausgebildete Klassikmusiker wie der Organist Irmin Schmidt und der Bassist Holger Czukay von der Gruppe Can. Ein weiterer wesentlicher Aspekt des Krautrock war die Faszination von neuen elektronischen Klanggeneratoren, die schnell in den akustischen Genpool der Musik eingespeist wurden - was im Falle der Gruppe Kraftwerk zum Welterfolg führte.
Krautrock war nie ein konsistentes Genre, sondern ein Sammelbegriff, der den Acid Folk der Gruppe Witthüser & Westrupp genauso umfasste wie die Space-Expeditionen von Tangerine Dream oder den frei fließenden Elektro-Jamrock von Guru Guru.

In seinen verwegensten Momenten konnte der Krautrock den Charakter einer von Erdenschwere befreiten galaktischen Fieberphantasie annehmen, doch, ebenfalls nicht selten, blieb er am Boden kleben und suhlte sich im uninspirierten (Prog)Rockklischee - etwa bei Gruppen wie Grobschnitt. Aus der Distanz von fast 50 Jahren ist er jedenfalls ein abgeschlossenes Kapitel kontinentaleuropäischer Musikgeschichte - das erste, das eine bis heute wirkende internationale Rezeption erlebte und mittlerweile zum globalen Klangreservoir zählt, aus dem sich eklektizistische Gegenwartsmusiker bedienen. Das britische Magazin "Melody Maker" schrieb einmal, Krautrock sei "a droning, pulsating sound that owed more to the avant garde than to rock & roll."

Service

Playlist zur Sendung

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Sendereihe

Gestaltung

  • Thomas Mießgang
  • Walter Gröbchen

Playlist

Komponist/Komponistin: Froese
Titel: Birth of the Liquid Plejades
Ausführende: Tangerine Dream
Label: Ohr - OMM 2/56.021

Komponist/Komponistin: Froese
Komponist/Komponistin: Schulze
Titel: Journey through a burning brain
Ausführende: Tangerine Dream
Label: Ohr - OMM 56004

Komponist/Komponistin: Dinger
Komponist/Komponistin: Rother
Titel: Hallogallo
Ausführende: Neu!
Label: Brain - 1004

Komponist/Komponistin: Weinziel
Komponist/Komponistin: Knaup
Titel: Archangels Thunderbird
Ausführende: Amon Düül II
Label: Liberty 15355

Komponist/Komponistin: Neumaier
Komponist/Komponistin: Genrich
Titel: Stone in
Ausführende: Guru Guru
Label: Ohr OMM 556 005

Komponist/Komponistin: Witthüser
Komponist/Komponistin: Westrupp
Titel: Nimm einen Joint mein Freund
Ausführende: Witthüser & Westrupp

Komponist/Komponistin: Hütter
Komponist/Komponistin: Schneider
Titel: Ruckzuck
Ausführende: Kraftwerk
Label: Philips - 6305 058

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