Erziehung auf Italienisch

16. Dezember 2022, 06:56

Luzzara ist eine Kleinstadt in der Emilia-Romagna, die in keinem Reiseführer erwähnt wird. Aber vor vier Jahren machte sie von sich reden, weil es ihrem Bürgermeister Andrea Costa gereicht hatte.

Die Freude an der verächtlichen Rede prägt bekanntlich den Streit im digitalen Raum, aber was wir dort als Gefahr erkannt haben, ist längst in die analoge Welt herüber geschwappt. Dem wackeren Sindaco hat der sprachliche Verfall, der rhetorische Grobianismus, der im Alltag seiner Stadt Einzug gehalten hatte, bei den Leuten auf der Straße und den Politikern im Gemeinderat, so aufs Gemüt geschlagen, dass er ein kommunales Boshaftigkeitsverbot verhängt hat. Costa zeigte dabei aber nicht nur auf andere, sondern irritiert auch auf sich selbst, und grübelte darüber, was mit ihm geschehen sei, dass er unlängst einen politischen Gegner gleich als gefährlichen Idioten beschimpft hatte.

Freilich, eine Verordnung, die der Gehässigkeit sprachpolizeilich beikommen möchte - klingt das nicht schon gefährlich danach, dass hier jemand von seiner kleinen Republik der Tugend träumt? Doch Andrea Costa schwebt kein Zwangssystem des Guten, sondern ein kultureller Feldzug vor. Als Sanktion von Reden im Gemeinderat, die ordinär, von Kommentaren im Internet, die hasserfüllt gerieten, empfiehlt er, dass der sprachliche Wüterich ins nahe Padua geschickt werde, um dort in Giottos Kapelle das Wunder der Schönheit zu erfahren und dabei zur ruhigen Betrachtung der Dinge zurückzufinden.

Gegen rassistisch imprägnierte Tiraden wiederum sieht er die Lektüre von Büchern wie "Ist das ein Mensch?" von Primo Levi vor. Das hat, finde ich, der ich sonst nicht viel davon halte, dass Bücher strafweise gelesen werden sollen, schon etwas für sich.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler