Mädchen und Frauen bei Else Ury

13. Jänner 2023, 06:56

"Ein guter Mann und liebe Kinderchen sind doch besser als ein Atelier", bekennt eine Freundin Nesthäkchens, die nach Jahren künstlerischer Tätigkeit in Ehe und hergebrachter Weiblichkeit ihr Glück gefunden hatte.

Und das schrieb Else Ury, deren zweites, noch vor Nesthäkchen erschienenes Buch "Studierte Mädel" hieß, und in dem sie, wie an vielen anderen Stellen mit Entschiedenheit für Bildung und Berufstätigkeit der Frauen eintrat. Dieses Thema ließ sie nicht los. Auch ein biografisches Detail ist in diesem Zusammenhang interessant: Else Ury selbst blieb unverheiratet.

Diese Themenwahl beweist mir einmal mehr, dass man Else Ury unrecht tut, wenn man sie ins reaktionäre Eck stellt und ihr von dort keinen Ausweg lässt. Ihre Darstellung weiblicher Biografien ist bei Sätzen wie dem eingangs zitierten ganz und gar nicht zu Ende. Sie spart nicht mit Ironie in den Schilderungen der Reaktionen auf selbstbestimmte weibliche Lebensläufe. Neben der Verurteilung der "verderbten Jugend" durch die Großelterngeneration, findet sie auch pointierte Formulierungen für die starrköpfigen Väter, die ihre Töchter nicht in die Welt hinauslassen wollen oder für die rückständigen Ansichten der gleichaltrigen jungen Männer, die studierten Frauen gleich alles Begehrenswerte absprechen.

Else Urys vorletztes Buch, "Wie einst im Mai" endet mit den Sätzen: "Eins aber haben wir dem neuen Geschlecht überliefert: dass man sich nicht mehr als Einzelwesen fühlt, dass soziale Verpflichtung gegen die menschliche Gesellschaft unser Erbteil für die Jugend ist."

Und die Mutterfiguren bei Else Ury haben ihren Beitrag dazu geleistet. Sie sind keine Hausmütterchen oder gelangweilte Damen, sondern aufgeschlossene Personen und das Zentrum des Haushalts. Ganz im Sinn der jüdischen Frauen des Bürgertums sind sie gebildet und selbstbewusst. Auf ihre Vorbilder ging ein wichtiger Teil der bürgerlichen Frauenkultur zurück.

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Gestaltung

• Alexandra Mantler