Ein Pferd steht auf einer Weide.

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Tierisch Surreales von Leonora Carrington

"Das Haus der Angst" u.a. von Leonora Carrington. Aus dem Französischen und Englischen von Heribert Becker. Es liest Michou Friesz.

Ein Pferd führt die Erzählerin in ein Haus, in dem eine unheimliche Versammlung stattfindet, die von der Angst selbst geleitet wird. Und in einem tiefen Wald trifft sie auf drei Brüder, die mit einem Fluch belegt sind, seitdem ihr Großvater seine Kommunion durch die Auswirkungen eines achtlos gegessenen Tellers Bohnen entweiht hat. Zwei Texte von Leonora Carrington, britische Surrealistin, Malerin und Schriftstellerin.

Beeinflusst von den keltischen Sagen ihrer Kindheit und der britischen Tradition der "gothic novel", erschafft Carrington in ihren Texten eine Art Traumrealität, in der dem Instinkthaften und Unbewussten Raum gegeben wird, und in der die Figuren zwischen Menschlichem und Animalischem oszillieren. Was Carrington dabei von den meisten Surrealisten unterscheidet, ist ihr abgründiger Witz.

Leonora Carrington, geboren 1917 in England, Vater Großindustrieller, Eltern streng katholische Briten, Leonora flieht aus diversen elitären Privatschulen, die Mutter träumt von einer Verheiratung Leonoras mit einem Mitglied des Königshauses, Leonora will Malerei studieren. 1936 begegnet sie dem Surrealismus, 1937 Max Ernst, die 20-Jährige und der (verheiratete) 46-Jährige beginnen eine Liebesbeziehung - Begegnung mit Paul Éluard, Man Ray, André Breton usw. 1938 sind zwei ihrer Bilder in der großen Surrealismus-Ausstellung in Paris zu sehen. Im gleichen Jahr erscheint ihre Erzählung "Das Haus der Angst" mit drei Collagen und einem einleitenden Text von Max Ernst. 1939 erscheint ihr Erzählungsband "Die ovale Dame", diesmal mit sieben Collagen von Max Ernst. Das Paar zieht nach Südfrankreich, wo weitere Erzählungen, verfasst in einem bizarren Französisch, entstehen - darunter "Die drei Jäger".

Die Figuren in Carringtons surrealistischen Texten überschreiten wie selbstverständlich die Grenzen des Menschlichen, das Sprechen zwischen Tier und Mensch ist - wie im Märchen - mühelos. Vor allem im mexikanischen Exil (ab 1942) interessiert sich Carrington für die matriarchalischen Traditionen in keltischen und mexikanischen Mythologien, ohne je eine "Fideistin", eine Gläubige, zu werden. Sie sieht in den Religionen die größten Feindinnen der Frau. "Ich kenne keine Religion, die die Frauen nicht zu geistesschwachen, unreinen, den Männern insgesamt unterlegenen Geschöpfen erklärt …".

Carrington lebt in New York, Chicago und immer wieder in Mexiko, große Einzelausstellungen in London, San Francisco, Monterrey und in Mexiko-Stadt, wo auf dem Paseo de la Reforma seit 2008 eine Reihe ihrer Skulpturen steht, und wo sie 2011 stirbt.

Service

Leonora Carrington, Die Windsbraut - Bizarre Geschichten. Aus dem Französischen und Englischen von Heribert Becker. Edition Nautilus.

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