Matinee

Matinee live

Wiener Philharmoniker, Dirigent: Herbert Blomstedt; Leonidas Kavakos, Violine. Johannes Brahms: Konzert für Violine in D-Dur op. 77 * Carl Nielsen: Symphonie Nr. 5 op. 50 (Übertragung aus dem Großen Musikvereinssaal in Wien in 5.1 Surround Sound)

Unspielbar? Publikumshit!

Die Uraufführung des einzigen Violinkonzerts von Johannes Brahms war 1879 war ein Erfolg. Kritik und zeitgenössische Geigenstars reagierten skeptisch bis ablehnend. Das Werk sei nicht "für", sondern "gegen die Violine" geschrieben; es sei "unspielbar"; ein anderer Geiger empfand es als Beleidigung, beschäftigungslos hören zu müssen, wie die Oboe am Anfang des 2. Satzes "die einzige Melodie des Konzerts" spielen durfte, er aber sonst mit Doppelgriffen, gebrochenen Akkorden, weiten Sprüngen und komplexen Rhythmen behelligt werde. Seit es Klassik-Rankings gibt, hat es dieses Konzert immer in die Top Ten geschafft.


Nielsens 5. Symphonie

Die 5. Symphonie von Carl Nielsen war bereits für das Philharmonische Konzert am 4. Oktober 2020 geplant gewesen. Aufgrund von COVID-Maßnahmen entschlossen sich das Orchester und Herbert Blomstedt das Programm zu ändern. "Ein andermal", versprach der damals 93-jährige Dirigent. Heute kann er das Versprechen, diese Symphonie "endlich mit den Philharmonikern" zu spielen, einlösen. Blomstedt, 2011 im Alter von 84 als Einspringer für einen Jüngeren der bislang älteste Dirigentendebütant der Wiener Philharmoniker, ist seit 2019 Ehrendirigent des Orchesters.
1931, kurz vor seinem Ableben, schrieb Nielsen, dass er Programm-Musik nicht mochte. Erklärungen und Hinweise darauf, was Musik aussagt, lenkten vom Hören ab. Ob der 1. Weltkrieg seine Musik beeinflusst habe? Nach einer ausweichenden Antwort: "Eines ist sicher: Keiner von uns ist der, welcher er vor dem Krieg war." Zunächst hatte er mit einem Titel gespielt: "Traum und Tat". Der 1. Satz hatte ursprünglich den Titel "Vegetatio" getragen. Wachstum kann in Wucherung, Bewahrung in Trägheit, notwendige Erneuerung in Gewalt und Zerstörung kippen. "Letztlich kann nur Musik", so Nielsen, den Konflikt "der trägen bzw. zerstörerischen Kräfte mit aktiven, kreativen und lebensbejahenden unmittelbar erfahrbar machen."
Nielsens 5. Symphonie erkunde "von totaler Verzweiflung bis zu Resignation verschiedenste Gefühlslagen. Sie ist, so Blomstedt, "für alle Instrumente sehr schwierig, aber auch seine aussagekräftigste, lotet Gefühle am tiefsten aus. Alle Themen sind aufeinander bezogen. Er kommt mit wenig Material aus, mit der Terz gleich am Anfang, das ist fast kindlich; dann die Fagotte in Terzen, die Hörner in Terzen, die Flöten; harmonisch ergeben sich wunderbare Komplikationen, also wie er dieses Terz-Motiv weiterentwickelt, das ist höchst eindrucksvoll; in dieser Hinsicht ist er ein würdiger Nachfolger von Brahms, der auch so gearbeitet hat."
Am 24. Jänner 1922 fand in Kopenhagen die erfolgreiche Uraufführung statt. 1924 kam es in Stockholm zu Tumulten. Die Trommel, so die Anweisung, soll "die Musik" gegen Ende des 1. Satzes stören. Improvisiert zu spielende Einwürfe der kleinen Trommel und unerbittlicher Rhythmus drohen das Wachstum bzw. das Wuchern und das Friedvolle, aber auch die selbstgenügsame Kuhstallwärme der Musik zu (zer-)stören. Am Ende des Satzes dann eine der merk-würdigsten Stellen der Symphonik: der im Pianissimo verhallende pastorale Gesang der Klarinette. Aus der Ferne vernimmt man die störende, störrische, bedrohliche Trommel.
Schwierig, so Blomstedt, sei der 2. Satz "als Klimax zu gestalten, die letzten paar Minuten. Die zwei Fugen sind großartig: eine schnelle Fuge beginnt sehr schlicht, sehr skurril, sehr leise, Streicher mit Dämpfern, endet in größter Aufwühlung. Noch schöner ist die zweite Fuge: dieselbe Melodie wie am Anfang, aber langsamer, wunderbar! Typisch Nielsen, weite Intervalle, der Kontrast zwischen Terzen und Quarten ergibt eine enorme emotionale Spannung, aber der Schluss: Es-Dur, heller Himmel - schwer zu gestalten. Insgesamt ist die Gefühlslage der Symphonie recht eindeutig und eine reiche emotionale Erfahrung."

Service

Diese Sendung wird in Dolby Digital 5.1 Surround Sound übertragen. Die volle Surround-Qualität erleben Sie, via Internet-Streaming auf Ihem HbbTV-Gerät oder durch Direktaufruf der Streaming-URLs.

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