Egon Erwin Kisch

APA/MUSEUM DER TECHNISCHEN LITERATUR

Gedanken für den Tag

Prag mit Egon Erwin Kisch

Wolfgang Müller-Funk, Literaturwissenschaftler, zum 75. Todestag von Egon Erwin Kisch

Es gibt eine ganz spezifische österreichische Tradition des Feuilletons, die - selbst literarisch - von der Fremdheit der oberflächlichen Ereignisse fasziniert ist. Ein Feuilleton, das von den kleinen Dingen und Begebenheiten seinen Ausgang nimmt.

Zu den ganz Großen dieser sprachlichen Artisten der kleinen Dinge, dem scheinbar alles leicht von der Hand geht, gehört Egon Erwin Kisch. Der rasende Reporter, der - wie Franz Kafka - in Prag zur Welt gekommen ist. Mit ihm war Kisch übrigens gut bekannt. Mit ihm teilte er die Erfahrung einer Minderheit anzugehören, als Jude und als deutschsprachiger Autor.

Ausgangspunkt seiner Karriere ist Prag, wo er zunächst als lokaler Reporter für die deutschsprachige Presse, insbesondere für die liberale "Bohemia", tätig ist. In seinen journalistischen Medaillons beschreibt er die Nachtseiten der aufstrebenden Großstadt, Asylheime, Spelunken, Wärmestuben, Gerichtsprozesse. Oder den Alltag der ganz normalen und namenlosen Menschen, wie den "Ziehungssaal der Lotterie". In ihm strömen all die Gefühle zusammen, die auf den "Pawlatschen und den Waschküchen" oder auf dem "Markt und in den Fabriken" zum Vorschein kommen.

Die Sprache des journalistischen Beobachters formt das Bild einer bunten Masse in einem erwartungsvollen Augenblick. "Die Ziehung der Lotterie" ist - schreibt der junge Prager Journalist - "Der einzige Raum, in welchem eine Harmonie des Einzelempfindens eine Massenstimmung bildet, die nicht das Produkt momentaner Erregung ist." Manifestation einer Volkskultur, der man die Armut anmerkt. Sie ist die Mutter der Lotterie. Die öffentliche Losziehung, die längst der Vergangenheit angehört, ist ein Massenspektakel, das das Elend wie die Unterschiede der Herkunft, aber auch die einzelnen Lebensgeschichten verwischt.

Der literarische Feuilletonist, empathisch und selbstkritisch, mischt sich unter das Volk, wenigstens auf den ersten Blick ist er von ihm nicht zu unterscheiden.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Mario Kamien
Komponist/Komponistin: Tom Tykwer
Komponist/Komponistin: Johnny Klimek
Komponist/Komponistin: Nikko Weidemann
Bearbeiter/Bearbeiterin: Sebastian Borkowski
Gesamttitel: Babylon Berlin / Original Fernsehmusik
Titel: Zu Asche, Zu Staub (Psycho Nikoros)
Untertitel: Songs / CD2
Solist/Solistin: Severija
Länge: 05:24 min
Label: Warner 4050538349177 / BMG Rights Management (2 CD)

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