Das "neue Humankapital"

13. April 2023, 13:00

Fachkräftemangel, Pflegenotstand - noch nie hat in Österreich so viel Personal gefehlt. 206.500 Arbeitsstellen konnten im Jahr 2022 laut Statistik Austria nicht besetzt werden. Betroffen sind fast alle Branchen: Tourismus, Gastronomie, Gesundheitsbereich, Bildung, Transport- und Dienstleistungswesen, um nur einige zu nennen.

Die verzweifelte Suche nach Fachkräften lässt Unternehmen und die Politik über die Grenzen blicken: zu den Philippinen etwa. Zur Bekämpfung des Pflegenotstands wirbt das Land Oberösterreich seit Anfang des Jahres Pflegekräfte aus den Philippinen an. Sie sollen über das Bundesland verteilt in Alten- und Pflegeheimen arbeiten.

Die Philippinen stehen auch im Fokus einer "Internationalen Fachkräfte-Offensive" der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Kommende Woche reisen Delegierte aus Unternehmen und Gesundheitseinrichtungen sowie aus dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und dem Fonds Soziales Wien auf den Inselstaat, um sich über Rekrutierungsmöglichkeiten zu informieren. Gesucht werden nicht nur Pflegekräfte, sondern auch Spezialistinnen und Spezialisten aus dem IT-Sektor.

Neben den Philippinen werden im Rahmen der Fachkräfte-Offensive noch weitere "Fokusländer" angeführt, wie Albanien, Brasilien oder Indonesien, wo Menschen für die Arbeit in Österreich begeistert werden sollen. Es ist ein regelrechter Wettbewerb um internationale Fachkräfte, denn auch andere EU-Länder, wie Deutschland, haben mit Personalmangel zu kämpfen. Gleichzeitig sendet Österreich widersprüchliche Signale: Während auf der einen Seite das Gastarbeitermodell als "Fehler" bezeichnet wurde und die Rechte von Drittstaatsangehörigen immer mehr eingeschränkt werden, versucht man andererseits für "qualifizierte Zuwanderung" attraktiv zu wirken.

Was ist von dieser Art der Arbeitsmarktpolitik zu halten? Braucht der österreichische Arbeitsmarkt Migration? Und welche Auswirkungen hat diese sowohl im Zielland als auch im Herkunftsland? Welche Lehren können aus Anwerbeprozessen der Vergangenheit gezogen werden? Wie gestaltet sich generell die Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten?

Diese und weitere Fragen beantwortet die Ökonomin Gudrun Biffl im Studiogespräch mit Marina Wetzlmaier. In ihrem Buch "Migration und Arbeit" plädiert Gudrun Biffl für eine differenzierte Betrachtung eines komplexen Themas und beleuchtet aktuelle Forschungsergebnisse.

Unsere Hörerinnen und Hörer sind wie immer herzlich eingeladen mitzudiskutieren: telefonisch unter 0800 22 69 79 kostenfrei aus ganz Österreich oder schriftlich per Email an punkteins(at)orf.at

Service

Gudrun Biffl: Migration und Arbeit. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. (Open Access)

Sendereihe

• Punkt eins