Syrische Kurden protestieren auf der Strasse gegen Recep Tayyip Erdogan.

AFP/DELIL SOULEIMAN

Punkt eins

Eine Türkei nach Erdogan?

Die türkische Opposition will das Land "zurück in die Demokratie" bringen. Gast: Univ.-Prof. Dr. Bilgin Ayata, Zentrum für Südosteuropastudien, Universität Graz. Moderation: Xaver Forthuber. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

"Die wichtigste Wahl des Jahres" in der Welt, so titelte die internationale Ausgabe der Zeitschrift "The Economist", wurde am Sonntag in der Türkei geschlagen. Ein offizielles Ergebnis gibt es bis jetzt noch nicht. Zahlen von Montagfrüh legen nahe, dass sich der der seit zwei Jahrzehnten zunehmend autokratisch regierende Präsident Recep Tayyip Erdogan (AKP) erstmals einer Stichwahl wird stellen müssen. Im Parlament wird seine rechtskonservative Parteienallianz ihre absolute Mehrheit aber voraussichtlich halten können. Die vorläufigen Ergebnisse lassen befürchten, dass sich die Spaltung des Landes noch vertiefen könnte.

Dem Bündnis der Herausforderer um den sozialdemokratischen Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu von der CHP war es trotz eines als "unfair" beschriebenen Wahlkampfs gelungen, Erdogans Lager ernsthaft unter Druck zu setzen. Die "nationale Allianz" setzt auf umfassende Reformen, um das Land "zurück in die parlamentarische Demokratie zu führen". Vor allem seit der Erdbebenkatastrophe vom 6. Februar häuft sich die Kritik an der Regierung, die auch internationalen Beobachter:innen zufolge im Krisenmanagement versagt habe.

Erdogan setzt seinen Kurs indessen fort, feiert Infrastrukturprojekte, wettert gegen Kurd:innen, gegen Homosexuelle, gegen Medien. Indessen scheint er aber selbst in einstigen Hochburgen an Unterstützung zu verlieren. Auch die besonders hohe Wahlbeteiligung unter den vielen Auslandstürk:innen, die sich diesmal abzeichnet, wird als wichtiger Faktor gehandelt.

Eine Richtungsentscheidung in Innen- und Außenpolitik könnte diese Wahl also bringen, aber auch - das meinte der "Economist" - ein Signal an alle Länder der Welt, in denen eine liberaldemokratische Opposition gegen einen "starken Mann" an der Regierungsspitze ankämpft.

Bilgin Ayata war lange Zeit Assistenzprofessorin für politische Soziologie an der Universität Basel, forschte über gesellschaftspolitische Transformationen und ihre Auslöser und beschäftigt sich dabei speziell auch mit der Türkei und den kurdischen Gebieten. Seit 2020 ist sie Professorin am Institut für Südosteuropastudien der Universität Graz.

Mit Xaver Forthuber und unseren Hörer:innen analysiert Bilgin Ayata den Ausgang der Wahl, die politischen Lager und ihre mögliche Neuordnung und nicht zuletzt die Interessen, Motive und Dynamiken an der Basis der türkischen Gesellschaft und im Alltag.

Reden Sie mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Xaver Forthuber

Playlist

Komponist/Komponistin: Ilhan Ersahin
Titel: Even as You Smile
Ausführende: Ilhan Ersahin
Länge: 03:04 min
Label: Pozitif Müzik Yapim

Komponist/Komponistin: Erik Truffaz
Titel: Istanbul Tango
Ausführende: Erik Truffaz
Länge: 06:43 min
Label: Blue Note

Komponist/Komponistin: Ersan Kuneri
Titel: Basquiatet
Ausführende: Ersan Kuneri
Länge: 04:48 min
Label: Sony

Komponist/Komponistin: Ferit Odman
Titel: Good Times (davon 37 Sek. unterlegt)
Ausführende: Ferit Odman
Länge: 03:54 min
Label: Spup rec

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