Marion Mitterhammer und das Teller

16. Mai 2023, 06:57

Ein paar Sommer hintereinander kam eine gewisse Constanze mit ihrer Großmutter aus Wien zu uns in die Steiermark auf Sommerfrische. So hieß das damals noch: Sommerfrische. Herrlich. Constanze war ein paar Jahre älter als ich und sie war die erste Großstädterin, die ich kennenlernen durfte.

Ich war immer etwas aufgeregt, bevor sie anreiste, es muss so Anfang der 1970er gewesen sein, weil sie mir schon bei unserer ersten Begegnung klarmachte, dass man in Wien ein bisschen anders sprechen würde. Sie attestierte mir eine "Artikelschwäche". Zum Beispiel würde ich immer sagen, "der Marmelade" und nicht "die Marmelade" und bei der Butter sage ich angeblich immer "der Butter" und nicht "die Butter". Aber was soll ich sagen? Sie hatte vermutlich recht, hier in der Steiermark haben aber alle so gesprochen. Jedenfalls war die Begegnung mit Constanze die Initialzündung für mich, mich mit Sprache genauer zu beschäftigen.

Sie erzählte im schönsten Wienerisch vom Schloss Schönbrunn und vom Graben, vom Prater, und alles, wirklich alles hat meine Fantasie beflügelt. Nun, meine erste Fremdsprache, wenn man so will, war für mich als Steirerin das Wienerische. Und dann kam das Hochdeutsch. Das ist sehr lustig, weil seit meinen Anfängen als Schauspielerin wird man in Deutschland immer sagen, die Österreicherin. Arbeite ich in Österreich, klinge ich angeblich wie eine Deutsche.

Was soll ich machen? Ich bin nun mal schon sehr oft umgezogen in meinem Leben und Sprache muss lebendig sein. Ich finde es herrlich, wenn man Spuren von anderen Landstrichen hört und vieles sich vermischt. Ich liebe ja die Vielsprachigkeit und fühle mich am wohlsten, wenn alles durcheinander gesprochen wird, am besten in allen Sprachen der Welt. Und manchmal, ja manchmal muss ich immer noch überlegen: Heißt es "der Teller" oder "das Teller"?

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler