George Orwell und die Klimakatastrophe

24. Juni 2023, 06:56

"1984" ist nicht nur als literarisches Werk von Bedeutung. Es fand auch wegen seiner präzisen Beschreibung von despotischen Herrschaftssystemen Anerkennung. Dieser Einfluss reicht so weit, dass totalitäre Systeme gelegentlich sogar als "Orwell-Staaten" bezeichnet werden.

Außerdem gilt "1984" als eine scharfsinnige Analyse des Verdrängens von gesellschaftlichen Problemen. Diese Mechanismen beschränken sich nicht auf totalitäre Herrschaftssysteme. Auch innerhalb demokratischer Strukturen kann es dazu kommen, dass unliebsame Botschaften verdrängt werden. Lassen Sie mich auch hier noch einmal auf den Klimaaktivismus zu sprechen kommen.

Die Wahrheit, auf die, die Letzte Generation mit ihren störenden Aktionen hinweist, ist sehr unbequem. Wir werden der Klimakrise nicht beikommen können, wenn die Maßnahmen, die ergriffen werden, niemandem etwas abverlangen dürfen. Im Grunde wissen wir, dass das so ist. Aber weil dieses Wissen bedeuten würde, die eigene Praxis zu verändern, weil Politiker und Politikerinnen dann andere Entscheidungen treffen müssten, ist es einfacher, die Überbringer der Botschaft abzuwehren als den Imperativ hinter der Botschaft ernst zu nehmen.

Die Dynamik, die dann einsetzt, erinnert an Orwell. Wir beobachten den Umgang der anderen mit der Minderheit. Wir beobachten, wie diese Menschen lächerlich gemacht, als moralisch fragwürdig und kriminell dargestellt werden und wir wählen instinktiv den Rückzug. Nicht mit diesen Leuten in Verbindung gebracht werden, sich nicht äußern, sich nicht beteiligen.

So kann ich mich zwar selbst schützen, aber ich trage auch dazu bei, dass Machtstrukturen fortbestehen, ganz egal, ob diese bewusst von konkreten Personen etabliert worden sind oder ob sie in einem unbewussten Weiterlaufen eines dysfunktionalen Systems bestehen.

Service

George Orwell, "1984", Ullstein Verlag

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler