Ausruhen im Alltag

25. August 2023, 06:57

"Das habe ich mir aber anders vorgestellt", ist ein Satz, den viele im Urlaub enttäuscht von sich geben. Der Urlaub soll einen für das entschädigen, was man das Jahr über versäumt hat. Im grellen Sonnenlicht platzt diese Blase dann aber gern.

Zweifelsohne gibt es auch den perfekten Urlaub, in dem alles passt, das Essen, die Unterkunft, das Wetter und die Beziehungen. Letztere werden stark auf die Probe gestellt, wenn Anspannungen von uns abfallen und das Weichere in uns Platz nehmen will. Nicht wenige Paare trennen sich nach einem Urlaub und auch Freundschaften werden vertieft oder flachen ab.

Ob auf dem Nachbarbalkon zu laut telefoniert wird oder der Geruch in dem schönen Häuschen am Meer modrig in die Nase steigt. Letztlich ist jedes "zu heiß, zu kalt, zu laut, zu leise, zu nah oder zu distanziert" vielleicht nur ein momentanes Unvermögen, sich auf das einzulassen, was Jetzt ist. - Ich hab's mir eben anders vorgestellt!

Die Afroamerikanerin Tricia Hersey blickt in ihrem Buch "rest is resistance" ganz anders auf Erholung im Urlaub, sie hält diese für eine typische Denkweise der Konsumgesellschaft. Immer muss man weg, zum Retreat, in die Therme, auf Fernreise, um sich wieder zu spüren. Und das kostet Geld. Wellness als Trick des Kapitalismus, wie sie meint. Sie plädiert dafür, sich im Alltag regelmäßig auszuruhen, auch als Widerstand gegen das Hamsterrad von Überaktivität und Erschöpfung.

Reisen ist wichtig und wunderschön, aber diese Gedanken finde ich auch inspirierend. Laut Hersey wäre der Schlüssel zu mehr Resilienz das mehrmalige etwa fünfminütige Ausruhen am Tag. Weil wir den Alltag als weniger ermüdend erleben würden und in den Pausen, in denen wir die Augen schließen, nach und nach auch eine Verbindung zu etwas, das über uns hinausgeht, herstellen, eine Art Spiritualität, die unserem Leben Sinn gibt, abseits von Konsum und hohen Erwartungen.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler