Hin und weg

22. September 2023, 17:55

Die weit verbreitete Vorstellung vom Leben auf dem Land ist mit dem Topos der Sesshaftigkeit eng verbunden. Doch der ländliche Raum weist eine wechselhafte Geschichte sowohl von kleinräumiger Mobilität wie auch Migrationen über große Distanzen auf.

Dominierte in der frühen Neuzeit ein Wechselspiel von Ansiedelung und Abwanderung, so führte die Industrialisierung im 19. Jahrhundert zur Umwandlung agrarisch geprägter Dörfer, und Märkte zu Industrie- und Arbeitersiedlungen. Ein anschauliches Beispiel dafür ist etwa das nördliche Waldviertel oder der Großraum südlich von Wien mit der Verarbeitung von Baumwolle zu Textilprodukten. Auf der Suche nach Arbeit migrierten Tschechinnen und Tschechen nicht nur nach Wien, sondern auch in das bäuerliche niederösterreichische Mostviertel. Ein vielleicht weniger bekanntes Phänomen sind die mobilen Theaterunternehmerinnen, die in der Monarchie von Kleinstadt zu Kleinstadt zogen.

Das 20. Jahrhundert brachte eine Vielzahl von politisch bedingten Formen zwangsweiser Migration mit sich. Während des Ersten Weltkriegs prägten Zivilinternierten- und Flüchtlingslager das ländliche Niederösterreich, 1938 folgte der erzwungene Exodus und die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung auch aus den Dörfern und Kleinstädten. Nach 1945 diente der ländliche Raum Niederösterreichs als erstes Aufnahmegebiet von deutschsprachigen Vertriebenen aus der Tschechoslowakei.

Auch die erforderliche Mobilität von Arbeitskräften ist nicht neu. Landarbeiterinnen und Landarbeiter aus der Slowakei und Mähren prägten die Gutshöfe der Zwischenkriegszeit im nördlichen Niederösterreich. Und die gegenwärtige Gesellschaft und Wirtschaft sind auf die Mobilität beispielsweise von ausländischen Personenbetreuerinnen und Erntehelfern angewiesen.

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• Betrifft: Geschichte

Gestaltung

• Isabelle Engels