Otto Mauer und Joseph Beuys

3. Oktober 2023, 06:57

"Kunst verändert den Menschen - sie verändert das Leben". Eine starke Ansage, die dem künstlerischen Schaffen eine unglaublich positive Kraft zuschreibt. Otto Mauer, der heute vor 50 Jahren gestorben ist, hat sie in seiner Rede über den deutschen Aktions- und Objektkünstler Joseph Beuys getätigt.

Als Kunstwissenschaftlerin gefällt mir dieser Glaube an das verändernde Potential von Kunst. Gerade Otto Mauers später Dialog mit dem Beuys'schen Werk zeigt, dass die Beschäftigung mit Kunst zumindest die eigenen Grenzen und den eigenen Denkhorizont ständig erweitern kann. So begeistert mich beim Durchsehen seiner Sammlung, dass Otto Mauer nie stehen geblieben ist. Vielmehr hat er immer wieder neue Künstler:innen für sich entdeckt, in den letzten Jahren vor seinem Tod war dies eben Joseph Beuys.

Ein Beuys-Blatt aus der Sammlung Otto Mauer hat es mir besonders angetan. Es nennt sich "Levitation" und stammt aus dem Jahr 1957. Die Grafik zeigt auf einem alltäglichen, abgerissenen, schmalen Streifen Packpapier eine skizzenhafte, menschliche Figur. Sie scheint sich scheinbar schwerelos aus einer schwarzen, dunkleren Fläche neben ihr herauszuschälen. Dieses Blatt berührt mich in seinem suchenden Charakter und der Schlichtheit. Gemeinsam mit dem Titel "Levitation", ein Begriff, der in vielen Kulturen eine Art Schwebezustand meint, ergibt sich ein stimmiges Ganzes, in dem Fragen nach dem Anfang und dem Ende der menschlichen Existenz anklingen.

Dem Domprediger und Kunstförderer hatte es das Beuys'sche Bekenntnis zu armen, unprätentiösen Materialien - "zu verfaultem Holz, zur gewöhnlichen Seife" - angetan. Für Otto Mauer hatte dies in höchstem Maße mit Religion zu tun: So meinte er: "Es ist also das Spirituelle und nicht das Material, das die Kunst ausmacht."

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler