Zum Thema: Moore - Der Gatsch der Zukunft

18. November 2023, 17:05

Für den Menschen ist es eine prekäre Zone. In ihr gedeihen Libellen, Wollgräser, Schauergeschichten und dieses vage Gefühl für die dunklen Untiefen der Existenz. In Zeitlupentempo, nur einen Millimeter pro Jahr, wächst Torf in die Höhe. Als verdichtete Ansammlung von sich unter Wasser nur sehr langsam zersetzenden Pflanzenteilen konservieren die abgelagerten Torfschichten natur- und kulturgeschichtliche Spuren - bei uns bis zurück zur letzten Eiszeit, nach der sie entstanden sind. Außerdem sind intakte Moore ökologische Schatztruhen, weil sie enorme Mengen CO2 im Torf binden.

So wird der Heilsbringer der Klimaforschung nun medial gepriesen, kartiert und seine über Jahrhunderte konsequent betriebene Trockenlegung beweint. Denn wie der Torfabbau - zum Heizen, Düngen, Dämmen - hat auch das Entwässern selbst schon globale Konsequenzen und wandelt die Kohlenstoffsenke Moor zur CO2-Schleuder. 185.000 km könnte man mit einem mittelgroßen Benzin-PKW fahren, um auf jene Menge CO2-Äquivalente zu kommen, die ein einziger Hektar Kartoffelacker auf entwässertem Moorboden in einem einzigen Jahr emittiert. Stille Verbrennung! Weiß man heute. Und setzt daher mancherorts auf Wiedervernässung und die dann immer noch möglichen Anbaumethoden mittels "Paludikultur".

In Bayern, an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, wird u.a. intensiv zu nasser Bewirtschaftung geforscht. Einblick in diese wissenschaftlichen Pionierarbeiten gab eine Exkursion ins Freisinger Moos im Juli 2023 - organisiert vom Land Tirol, dem Klimabündnis Tirol und der Universität Innsbruck unter dem Landschaftsökologen Clemens Geitner, Günter Scheide von der Transferstelle Wissenschaft-Wirtschaft-Gesellschaft und Felix Lassacher von der Abteilung Umweltschutz.

Diagonal war dabei und watet in den nassen Fußstapfen der Erde, verjüngt sich mit einer Moorpackung, stolpert über Moorleichen und nippt an schottischem Whisky.

Eine Sendung von Nicole Dietrich und Michael Neuhauser, mit Beiträgen von Dominique Gromes, Erich Klein, Juliane Nagiller, Ernst Weber und Horst Widmer.

Service

Franziska Tanneberger, "Das Moor. Über eine faszinierende Welt zwischen Wasser und Land und warum sie für unser Klima so wichtig ist". dtv, 2023

Mooratlas 2023

Moorstrategie Österreich 2030

Umweltbundesamt: Historischer Moorkataster 1911/Moorschutzkatalog 1992

Institut für Ökologie & Landschaft, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Arbeitsgruppe Boden und Landschaftsökologie (BOLA), Institut für Geographie, Universität Innsbruck

Klimabündnis Tirol

Haus des Moores, Heidenreichstein

Sendereihe

• Diagonal

Gestaltung

• Nicole Dietrich