"A schöne Leich"

18. November 2023, 06:57

Rituale gibt es für alles im Leben, auch für den Tod. Die "schöne Leich" für die die Wiener berühmt und berüchtigt waren, ist für mich ein aussagekräftiges Exempel.

Viel wurde spekuliert, warum die Wiener einst an einer derart prunkvollen Bestattungszeremonie, an einem derart exzessiven Totenritual interessiert waren. Manche meinen, es läge gerade daran, dass ihnen die Obrigkeit ein solches Ritual verbieten wollte und es ausschließlich für sich beanspruchte. Der im 18. Jahrhundert verordnete Sparsarg kam jedenfalls nicht gut bei der Bevölkerung an und Joseph der Zweite musste schließlich zurückrudern.

Ironischerweise sind er und die Habsburger heute besonders aufgrund ihres eigenen Totenkults populär, der noch immer Touristen aus aller Welt in die Kapuzinergruft lockt. Der einstige Kult um die "schöne Leich" zahlt sich heute aus. Am besten lässt sich die österreichische Grabseligkeit rund um Allerheiligen beobachten, wenn sowohl die ältere als auch die jüngere Generation ihren jeweiligen Totenritualen frönt. Letztere - zum Unverständnis der Älteren - oft schaurigst kostümiert.

Dennoch: Selbst das ausgefeilteste Totenritual kann das endgültige Abschiednehmen nur erleichtern. Wie spricht der Volksmund so treffend: Eine schöne Leich tröstet nur wenig, wenn man selbst der Tote ist.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler