Candy Crush im Kopf

30. November 2023, 06:57

Wenn man beim Zugfahren aus dem Fenster blickt, dann zittern die Augen rhythmisch in eine Richtung. Als Kind war ich von diesem Augenzittern fasziniert, habe die Leute beim Ausdemfensterblicken beobachtet, viele haben zusätzlich noch geraucht, die Schädel der Erwachsenen qualmten offensichtlich nur so, vor lauter Ideen und dazu diese zitternden Augen. Faszinierend!

Heute ist rauchen in Zügen verboten und die Augen zucken eher vom Scrollen am Bildschirm. Gedanklich ist wahrscheinlich wenig Unterschied. Die allermeisten haben wohl auch damals, beim Blick aus dem Fenster schon gedacht, aha, der Baum, das Automobil, der große Busen und dazwischen immer wieder einer, "ja, der Präsident ist höchstwahrscheinlich eine Eidechse, da bin ich einer ganz großen Sache auf der Spur".

Nur haben wir das heute schwarz auf weiß, im Internet. Das Innenleben wurde früher heillos überschätzt. Wenn jeder so versonnen aus dem Fenster starrt, über jedem Kopf eine Rauchwolke, klar glaubst du da, die denken faszinierende Gedanken. Dabei ist da irrer, turbulenter Nonsens, Candy Crush, im Wesentlichen. Immer schon.

Nur manchmal hast du Glück und irgendein Empfindsamer oder eine Begabte ordnet dein inneres Tohuwabohu so, dass es eine Spur genießbarer wird. Dafür kriegt man in der ersten Klasse eine Zeitung. Ich möchte vorschlagen, diesen Service auf alle Klassen auszudehnen und noch auszubauen. Her mit Yogastunden in der Ruhezone, her mit Ted Talks über die Lautsprecher und einem Sonderabteil für Streicher und Sopransaxophon. So eine Kultur rettet sich nicht von alleine!

Service

Hosea Ratschiller

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler