Arzt hält Stethoskop in der Hand

APA/HELMUT FOHRINGER

Medizin und Gesundheit

Spezialisierte diplomierte Pflegekräfte

"Nurses" - auch in Österreich bald Garant für die medizinische Basisversorgung?

Vor allem in Großbritannien, Australien und in den skandinavischen Ländern sind die sogenannten "Community Nurses" seit vielen Jahren eine der wichtigsten Säulen der medizinischen Grundversorgung. Denn die meisten älteren Menschen haben denselben Wunsch: Möglichst lange gesund bleiben, selbständig sein und das nach Möglichkeit in den eigenen vier Wänden! Ein essenzieller Schritt dahin ist eben die Betreuung zu Hause durch spezialisierte Fachkräfte.
In England zum Beispiel gibt es für fast jeden medizinischen Bereich sehr gut ausgebildete, diplomierte Pflegekräfte. Augenheilkunde, Krebserkrankungen, Kinder, Diabetes, Wundpflege usw. Die Nurses spielen im englischen Gesundheitssystem die zentrale Rolle und entlasten Ärzte und Krankenhäuser.

Endlich auch in Österreich angekommen

Das Projekt "Community Nurses" wird von der EU finanziell unterstützt - im Zuge des Wiederaufbauplans nach der Coronapandemie, genannt "NextGenerationEU". Seit Anfang 2022 werden in Österreich diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen für das neue Berufsbild gesucht und angestellt.
Nach internationalem Vorbild sollen sie die Gesundheit der Bevölkerung und die Fähigkeiten zur Selbsthilfe fördern. Auf Gemeindeebene kommt eben die Community Nurse zum Einsatz. Sie ist quasi ums Eck und kümmert sich vor Ort um ihre Zielgruppen. Also um ältere, zu Hause lebende Menschen sowie deren pflegende und betreuende Angehörige.

Früh den Bedarf erkennen

DGKP Elisabeth Kaiblinger ist Community Nurse in der Gemeinde Grafenwörth, Niederösterreich: "Ich fahre ich zu den Leuten nach Hause und schaue mir deren Lebenswelt an. Das ist etwas ganz Wesentliches, was sonst niemand macht. Und das noch bevor eine Pflegebedürftigkeit eintritt. Ich versuche herauszufinden: Wie ist derzeit die Versorgung? Lebt die Person alleine? Wie ist die Wohnsituation? Gibt es schon Einschränkungen in der Gesundheit?"

Praktische Hilfestellungen

Maßnahmen wie gemeinschaftliche Gesundheitstreffen und die Vermittlung von mobilen Diensten sowie Hilfestellungen beim Ausfüllen von Pflegegeldanträgen können das Leben der Pflegebedürftigen und Angehörigen erleichtern. Die Community Nurse ist vertraut mit dem lokalen Therapieangebot und den Ärzten.

Der Bedarf ist enorm

Mehr als 460.000 Menschen beziehen in Österreich Pflegegeld und mehr als 950.000 Personen pflegen ihre Angehörigen.
Ein Arbeitsschwerpunkt der Regierung ist der Aus- und Umbau der Pflegelandschaft in Österreich. Im Regierungsprogramm steht dazu: "Qualitätsvolle Pflege ermöglicht ein Leben in Würde. Daher soll jeder Mensch, der sie benötigt, die bestmögliche Pflege erhalten."

Personen mit Schmerzen sind in Österreich leider noch immer schlecht versorgt

"Pain Nurses" verfügen neben der Grundausbildung als diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger über eine einjährige Weiterbildung im Bereich Schmerzmanagement.
Das Berufsbild Pain Nurse ist also spezialisiert auf Schmerzerkennung und -behandlung
Dieser kann akut auftreten und somit eine wichtige Warnfunktion haben - wie bei einer Verletzung, Entzündung oder nach einer Operation. Er kann aber auch chronisch werden: Per definitionem - wenn er länger als drei Monate andauert. In diesem Fall ist seine Warnfunktion verloren gegangen.

Mit zunehmendem Alter werden Schmerzen häufiger

DGKP Tamara Archan ist Vizepräsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands (ÖGKV) und eine "Pain Nurse": "Im Alter gibt es viele Erkrankungsbilder, die Schmerzen hervorrufen: "Ich betreue Menschen mit Morbus Parkinson, mit Krebserkrankungen, mit degenerativen Störungen, Personen nach einem Schlaganfall usw."

Viel Erfahrung nötig

Schmerz kann mit heftigen Symptomen einhergehen - muss er aber nicht. Jeder Mensch nimmt Schmerz anders wahr, weshalb es viele individuelle Beschreibungen von körperlicher Pein gibt. Ob laut, leise oder auf den ersten Blick gar nicht vorhanden. Vor allem Personen, die an einer Demenz leiden, sind oft nicht in der Lage ihre Schmerzen zu schildern.
Schmerz in all diesen Facetten erkennen, messen und behandeln - das ist die Aufgabe einer Pain Nurse. Die speziell geschulte Pflegefachkraft begleitet und berät Betroffene bei Schmerzen verschiedenster Ursachen.


Moderation: Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz
Sendungsvorbereitung: Sandra Fleck
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Fühlen Sie sich medizinisch unzureichend betreut?
Leben Sie allein und haben eine chronische Erkrankung?
Pflegen Sie Ihre Angehörigen und benötigen Unterstützung?
Würden Sie sich eine Community Nurse in Ihrer Gemeinde wünschen?
Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflege?

Service

DGKP Elisabeth Kaiblinger, Community Nurse in der Gemeinde Grafenwörth
E-Mail
Homepage
Tel.: +43 664 881 69 644


DGKP Tamara Archan, MSc, BScN, Vizepräsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands (ÖGKV), Advanced Practice Nurse /Pflegexpertin für Palliative Care, Schmerzmanagement und Geriatrie
Leitung Interdisziplinäres Palliativteam SBG, Pain Nurse
Institut Haus der Barmherzigkeit
Seeböckgasse 30a, 1160 Wien
E-Mail
Tel.: +43 1 401 99-1205

Weiterführende Informationen und Anlaufstellen:

Petition für das Recht auf Pflege
Community Nursing in Österreich
Projektinformation Community Nursing
Informationsplattform für Pflege und Betreuung
Interview mit Tamara Archan
ORF-Beitrag über die Arbeit von Elisabeth Kaiblinger
Community Nursing hinsichtlich der Prävention
Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV)

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