Punkt eins

Des Menschen Schwein

Glücksbringer, Schimpfwort, Lieblingsspeise: Eine Kulturgeschichte der Schweine. Gast: Dr. Thomas Macho, Kulturwissenschaftler, Philosoph und Autor. Moderation: Johann Kneihs. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Wir lieben sie: In der Welt der Kuscheltiere und Kinderfilme, der kitschigen Alltagsobjekte und Werbung haben entzückende rosa Ferkel und Schweinefiguren ihren Platz, von Miss Piggy bis Schweinchen Babe. In Märchen, Mythen und Volksglauben treten sie auf - und zu Silvester verheißen Glücksschweine Wohlstand, wie Sparschweine unter dem Jahr.

Wir verachten sie: "Schwein" gilt als Schimpfwort, das Tier als Symbol für Gier und Rücksichtslosigkeit. In der politischen Propaganda des 20. Jahrhunderts standen Schweinegesichter für Kapitalisten; der Autor George Orwell lässt dagegen, unter Anspielung an Stalin, in seinem Buch "Farm der Tiere" ein Schwein zum Despoten und Schweine und Menschen einander immer ähnlicher werden.

Zu keinem Tier haben wir eine derart widersprüchliche Beziehung wie zum Schwein, argumentiert der Kulturwissenschaftler und Philosophen Thomas Macho in seinem Buch "Schweine. Ein Porträt".

Dabei ist das "echte", lebendige Schwein den meisten Menschen in Mitteleuropa kaum noch aus eigener Anschauung bekannt. Es ist, unter natürlichen Bedingungen, intelligent und neugierig, gesellig und sozial, es läuft und liebt Bewegung, wühlt und suhlt sich gern, grenzt Reviere ab und bildet Rangordnungen, es sorgt liebevoll um seinen Nachwuchs. All das ist in engen Ställen und Kojen der Massentierhaltung unmöglich. "Die Art und Weise, wie Schweine heute "produziert" werden, macht sie krank. Und zwar nicht einige wenige, schwache Exemplare, sondern je nach Erkrankung 20, 40, 60, 90 Prozent der Schweine." Zu diesem Schluss kommt der Tierarzt Matthias Wolfschmidt in seinem Buch "Das Schweinesystem".

Warum haben wir eine derart zwiespältige Beziehung zu Schweinen schon als kulturellen Symbolen, aber auch zum biologischen Schwein? Wie kommt es zum Verbot, Schweine zu verzehren, in den Buchreligionen Judentum und Islam - und warum hat die christliche Welt dieses Tabu nicht übernommen?

Johann Kneihs spricht mit Thomas Macho über die vielen Facetten der Beziehung zwischen Tieren und Menschen. Reden Sie mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at.

Service

Thomas Macho: Schweine. Ein Portrait. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2015.

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Claudin de Sermisy um 1490 - 1562
Album: UNE FETE CHEZ RABELAIS - LIEDER UND INSTRUMENTALSTÜCKE AUS DER 1.HÄLFTE DES 16.JAHRHUNDERTS
Titel: Je ne menge point de porc
Ausführende: Ensemble Clement Janequin
Leitung: Dominique Visse
Länge: 01:02 min
Label: Harmonia Mundi HMC 901453

Komponist/Komponistin: Rotifer
Album: Before The Water Wars
THE CALL OF THE SWINE
Ausführende: Robert Rotifer
Länge: 03:12 min
Label: Survival Of Defeatist/Wohnzimmer 9120016020210

Komponist/Komponistin: Benny Omerzell
Album: KOMPOST3
Titel: Suite d) Piggy's ponies/instr.
Ausführende: Kompost3
Ausführender/Ausführende: Martin Eberle
Ausführender/Ausführende: Benny Omerzell
Ausführender/Ausführende: Manuel Mayr
Ausführender/Ausführende: Lukas König
Länge: 05:23 min
Label: Laub Records LBR0110

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