Tod und Gewalt

16. Februar 2024, 06:57

Sienafarbene Keramikscherben. Größere und kleinere, gruppiert zu einem Haufen. Auf jeder einzelnen Scherbe sind kleine, schwungvoll gezeichnete Figuren zu sehen.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass es Frauengestalten sind, deren Gesichter ausgekratzt wurden, so dass darunter nur die Keramikoberfläche zu sehen ist. Mich erschüttert diese auf den ersten Blick wenig spektakuläre Arbeit der bekannten mexikanischen Künstlerin Teresa Margolles in unserer Ausstellung "Sterblich sein" jedes Mal aufs Neue. Denn Margolles gedenkt mit diesem Werk der ermordeten Frauen und der anhaltenden Gewalt im mexikanischen Ciudad Juárez, der Welthauptstadt von Femiziden. Leider eine Thematik, die auch in Österreich äußerst gegenwärtig ist und verdeutlicht, dass Tod stets auch mit sozialen, politischen und geschlechtsspezifischen Umständen in Verbindung steht.

Teresa Margolles skulpturales Objekt, das den deutschen Titel "Kaputt" trägt, verbinde ich trotz der gewaltsamen Thematik mit einer positiv verlaufenen kuratorischen Entscheidung. Denn ursprünglich hätte die Vase in unversehrtem Zustand zu uns ins Museum kommen sollen. Allerdings wurde sie während des Transports in die USA bei der US-Grenzkontrolle als "verdächtiges" Objekt zerstört.

Zunächst vollkommen entsetzt, haben wir bald erkannt, dass diese gewaltsame Zerstörung des Kunstwerks die Thematik nochmals unterstreicht, so dass wir gemeinsam mit der Künstlerin beschlossen haben, die Scherben auszustellen. Mittlerweile kann und möchte ich mir dieses Objekt gar nicht mehr ganz vorstellen. Denn es erinnert mich stets daran, dass ich die Zerbrechlichkeit des Daseins nicht verhindern kann. Aber ich kann mich ihr stellen - und aus der kreativen Reflexion der Vergänglichkeit heraus etwas Neues schaffen.

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