Grabstein

29. Februar 2024, 06:57

Heute fang ich wieder mit Dankbarkeit an. Ich bin dankbar, dass meine Mutter mit mir gemeinsam zum Friedhof gegangen ist. Wir haben uns die Hand gegeben.

Am Weg nach Hause hat sie dann gemeint, es fällt ihr schwer, sich den eigenen Grabstein vorzustellen. Aber mehr, weil ihre Familie dann Arbeit mit ihr hätte. Das möchte sie nicht. Sich den eigenen Grabstein vorstellen? Ich hab gedacht, mir ist es eigentlich angenehm, mir meinen eigenen Grabstein vorzustellen. Haben Sie das schon mal gemacht? Sich Ihren Grabstein vorgestellt? Die Inschrift ausgemalt, die Form, das Material, den Platz, wo er stehen soll, die Dicke, also wie dick, wie man den überhaupt aufstellt.

Es gibt ja Materialien, die meist verwendet werden, am Friedhof. Eine Tradition, wie die aussehen. Wollen Sie genau so - oder anders? Wollen Sie sich verbrennen lassen? Oder über dem Meer ausstreuen? Die Asche in einer Urne irgendwo auf einem Kamin stehen haben? Neben die Oma ins Schuhregal. Das ist bei einem Teil meiner Familie so. Das finde ich gut so, fast mexikanisch. Oder ist es ein Baum? Wollen Sie eine Baumbestattung? So zärtlich mit Blumen im Kreis?
Ich denk weiter, also, wenn alle Menschen sich mehr darüber bewusst wären und wissen, dass alle sterben, dass man selbst stirbt und dass die andern sterben. Diejenigen von uns, die Kinder haben, haben auch alle sterbliche Wesen geboren. Vielleicht würden wir uns dann der Wichtigkeit des Momentes endlich mehr bewusst werden. Vielleicht werden wir dann netter miteinander.

Wenn Sie jetzt in der Früh in die U-Bahn einsteigen, dann können Sie sich vorstellen, dass das alles sterbliche Wesen sind. Alle, die hier sitzen, werden sterben. Früher oder später. Alle hier werden einen Grabstein oder was auch immer brauchen. Spüren, dass unser Leben nur diesen Flügelschlag lang ist. Es gibt diesen Moment, diesen Tag. Es gibt unsere Verbindung zueinander. Vielleicht kommen wir zum Frieden.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler