Entartet

12. März 2024, 06:57

Ende der dreißiger Jahre liegt der Maler Alexej von Jawlensky mit überaus schmerzhafter "Arthritis deformans" in seinem Haus in Wiesbaden. Künstlerisch ist er völlig isoliert. Klee, Kandinsky, Feininger, die mit ihm zusammen eine Zeitlang die Künstlergruppe "Die blauen Vier" gebildet hatten, sind emigriert. Jawlensky wird bereits 1933 von den Nazis mit Ausstellungs- und Verkaufsverbot belegt. Entsetzt diktiert er einen Brief an den nationalsozialistischen Landeskulturverwalter, in dem es heißt:

"Meine russische Seele war immer nahe der altrussischen Kunst, die russischen Ikonen, die byzantinische Kunst, die Mosaiken von Ravenna, Venedig, Rom und die romanische Kunst. Alle diese Künste haben meine Seele immer in eine heilige Vibration gebracht."

Vier seiner Bilder hängen 1937 in der berüchtigten Ausstellung "Entartete Kunst" in München. Mit Verfemung und schmerzhafter Krankheit erlebt Alexej von Jawlensky, der "Ikonenmaler der Klassischen Moderne" die "Dunkle Nacht" der Mystiker. An Emmy Galka Scheyer, die vertraute Freundin, die in Amerika seine Bilder bekannt macht, schreibt er:

"Meine liebe Galka! Ich sitze und die Dunkelheit umhüllt mich und die schwarzen Gedanken kriechen zu mir. Licht! Licht! Und von allen Wänden fließen die Farben ... Die Stille summt und ich höre, wie mein Herz bebt ..." Die letzten drei Jahre seines Lebens verbrachte Jawlensky nur im Liegen. Zuletzt konnte er weder malen noch schreiben. "Ich habe doch keine Flügel zum Fliegen", hat er diktiert. "Vielleicht nur in meiner Kunst. Dann immer wieder nach oben, so hoch wie ich nur kann. Ich suche dort Licht und Ruhe."

Bis zuletzt soll er ein geistig wacher Gesprächspartner geblieben sein. Geboren wurde er im März 1864 vor 160 Jahren, gestorben ist er im März 1941.

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