Grenzgebiet, Essequibo-Region

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Betrifft: Geschichte

Konflikt im El Dorado

Der Streit um die Region Essequibo zwischen Venezuela und Guyana
mit: Christian Cwik, Historiker am Zentrum für Inter-Amerikanische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz, Generalsekretär der Vereinigung lateinamerikanischer und karibischer Historiker. Er bereiste zwischen 2004 und 2015 mehrfach das Grenzgebiet zwischen Venezuela, Guyana und Brasilien.

Aufgrund der reichen Bodenschätze im Gebiet von Orinoko und Essequibo, rittern - seit den Zeiten des englischen Piraten Sir Walter Raleigh am Ende des 16. Jahrhunderts - Engländer, Spanier und Niederländer um die Reichtümer des sagenhaften El Dorado. Während der napoleonischen Kriege besetzten die Engländer die niederländischen Kolonien der Guyanas, behielten sich jedoch auch nach dem Wiener Kongress die Kolonien Essequibo, Demerara und Berbice, die sie ab 1831 als eine Kolonie unter dem Namen British Guiana verwalteten. Mit den Briten wurde die Ausbeutung der Bodenschätze wieder virulent und so schickte London den Geografen Robert H. Schomburgk nach Guiana, um die Grenzen mit Venezuela auszuloten. Die als Schomburgk-Linie bekannte Grenzziehung wurde von Venezuela allerdings nie anerkannt, woraufhin ein Grenzstreit ausbrach, der bis heute nicht gelöst werden konnte. Dabei reklamiert Venezuela die Region Essequibo ein, die nahezu 2/3 des Staatsgebietes des 1966 von Großbritannien unabhängig gewordenen Guyanas ausmacht. Seit vor der atlantischen Küste Essequibos 2015 bei einer Probebohrung des US-Ölkonzern ExxonMobil enorme Ölreserven entdeckt wurden, haben sich die Spannungen zwischen Caracas (Venezuela) und Georgetown (Guyana) verschärft. Der von Guyana angerufene Internationale Gerichtshof der UNO in Den Haag soll die Ansprüche der beiden Streitparteien prüfen, wobei sich die Regierung in Georgetown auf den Pariser Schiedsspruch von 1899 und Caracas wiederum auf ein Abkommen vom 17. Februar 1966 in Genf beruft.

Da 2024 in Venezuela und den USA Wahlen anstehen, hat der Grenzstreit im Herbst 2023 eine neue Dynamik erhalten, die beiden Seiten ausnützen möchten. Leitragende dieses Konflikts sind wie schon in den Jahrhunderten zuvor die indigene Bevölkerung, die in Guyanas leben.

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  • Rosemarie Burgstaller