Weltmacht Indien wählt

19. April 2024, 13:00

Es ist eine Wahl der Superlative, die am 19. April in der "größten Demokratie der Welt" beginnt und derzeit für mediale Aufmerksamkeit sorgt: In Indien wählen rund 970 Millionen Wahlberechtigte - mehr als 10 % der Weltbevölkerung - ein neues Parlament, sechs Wochen lang bis 1. Juni.

Das südasiatische Land ist fast 40-mal so groß wie Österreich und gliedert sich in 28 Bundesstaaten. Die indische Verfassung kennt 22 Amtssprachen und mit über 1,4 Milliarden Einwohner:innen ist Indien seit April 2023 das bevölkerungsreichste Land der Erde.

Nicht nur die Dimensionen der Wahl und des Landes, sondern auch seine wirtschaftliche Entwicklung sorgten jüngst für Schlagzeilen: Bereits in zwei Jahren soll Indien Deutschland überholen, unter anderem dank seiner IT- und Technologie- sowie seiner Pharmaindustrie.

Als gefragter Wirtschaftsstandort und Absatzmarkt wird Indien gern hofiert, auch als Gegengewicht zu China, es ist eine Atommacht und lässt sich von den USA Waffen liefern, von Russland Öl. Spätestens seit dem G20 Gipfel in Neu-Delhi im Vorjahr ist klar: Indiens Premierminister Narendra Modi stellt den Anspruch auf die Weltmacht.

"Egal in welcher Dimension: Indien hinkt nur mehr in der politischen Außenwahrnehmung nach", sagt Heinz Nissel, der sich Zeit seines (Forscher-)Lebens intensiv mit Indien und der politischen Geografie und Geopolitik befasst hat.

Indiens Aufstieg hat mehrere Ursachen: die Geopolitik, die Bevölkerungsentwicklung und die Politik Modis und seiner BJP, der Bharatiya Janata Party. Seit zehn Jahren ist Narendra Modi an der Macht, nach einem "historischen" Wahlsieg 2014 konnte er auch 2019 seine Position behaupten und gilt auch für diese Wahl als sicherer Gewinner. "Das Wahlversprechen der BJP 2024 ist schlicht: Modi", fasst Heinz Nissel, Universitätsprofessor im Ruhestand, zusammen - und "Modi" steht für ein "Indien der alten Größe", ein "neues Indien".

Das "neue Indien" ist bereits Realität - und keine Demokratie mehr: Narendra Modi hat Indien in eine illiberale Demokratie verwandelt, einen "autoritär-religiösen Staat", eine "nationalistische Demokratie" - so lauten die Kommentare in Fachkreisen und Analysen. Das "neue Selbstbewusstsein" korreliert mit einer großen inneren Zerrissenheit und enormen Ungleichheiten in der Bevölkerung.

Wie steht es um die Zukunft der Demokratie Indiens? Was hat der viel zitierte Weltmachtanspruch zu bedeuten? Vor welchen Herausforderungen steht das Land innen- und außenpolitisch und in welchen geopolitischen Kontext müssen wir Indien und sein Gewicht setzen?

Heinz Nissel ist zum Wahlauftakt in Indien zu Gast bei Barbara Zeithammer in Punkt eins und wirft Schlaglichter auf "ein Land, das sich durch eine verwirrende Komplexität auszeichnet": Slums und Luxus, Hightech und mittelalterliche Landwirtschaft, Kinderarbeit und Wirtschaftswunderland, Bollywood und faschistische Tendenzen, Yoga und die Verfolgung von Nicht-Hindus.

"Nicht umsonst sprechen wir vom Indischen Subkontinent", sagt Heinz Nissel und zitiert die britische Ökonomin Joan Robinson: "Whatever you can rightly say about India, the opposite is also true." Übersetzt in etwa: Was auch immer man über Indien wirklich sagen kann: das Gegenteil ist gewiss genauso wahr.

Wie immer sind Sie eingeladen, sich an der Sendung zu beteiligen und Ihre Fragen zu stellen, Ihr Wissen zu teilen und Ihre Erfahrungen zu schildern: Sie erreichen uns telefonisch und kostenfrei aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79 oder per E-Mail an punkteins(at)orf.at

Service

Auf ORF.at finden Sie einen detaillierten Überblick mit Grafiken und einem Bericht von ORF-Korrespondentin Eva Pöcksteiner.

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Barbara Zeithammer