Frauenhand hält Babyfüße

DPA/MASCHA BRICHTA

Radiokolleg

Auf den Anfang kommt es an (1)

Vom Anfangen und Aufhören.

Der Anfang ist der Ursprung des Ganzen. Nicht von ungefähr faszinieren uns bei allen Entwicklungen die Anfänge, seien sie unsere persönlichen, beziehungsmäßigen, gesellschaftlichen, kulturellen, religiösen oder politischen. Hier liegen die Wurzeln unserer Selbstwerdung und Gemeinschaftsbildung. Vom Anfang ausgehend entfalten sich der Geist und die Gestaltungskraft. Wenn wir persönlich in einer Krise von unserem Weg abgekommen sind oder als Gesellschaft auf gefährliche Entwicklungen zusteuern - wie aktuell in der Klimakrise, Demokratiekrise und Europakrise - braucht es eine Rückbesinnung auf unsere Anfänge. Es geht dabei darum, die für uns elementaren Werte des Lebens vor Augen zu führen und die wesentlichen Fragen neu zu stellen: Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was erhoffen wir? Und: Warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Diese Fragen nach dem Anfang haben das Potenzial, uns auch in hoffnungslos erscheinenden Situationen neu zu orientieren und unsere Welt zum Besseren verändern zu können.

Jeder Mensch ist ein Anfänger. Schon durch die Geburt fängt etwas Neues in der Welt an. Für Hannah Arendt ermöglicht uns die Gebürtlichkeit (Natalität) Verantwortung für unsere eigene Existenz und die gemeinsame Welt zu übernehmen. Handeln und etwas Neues in Bewegung zu setzen ist die Antwort auf unser Geborensein.

Jedes Anfangen eröffnet neue Möglichkeiten und birgt zugleich Risiken. Wer eine Beziehung eingeht und sich bindet, fängt etwas an, das in eine unvorhersehbare Offenheit hineinführt.

Anfangen kann uns auch schwerfallen. Zwischen Wollen und Handeln tut sich dann eine breite Kluft auf. Aber die Kluft ist auch nicht unüberwindlich, sonst würden Menschen nicht auch anfangen, ein lang geplantes Projekt zu beginnen oder einen gesünderen Lebensstil zu leben. Wenn der erste kleine Schritt geschafft und der Anfang erstmal gemacht ist, dann geht die Sache ihren Gang.

Um Anfangen zu können, müssen wir mitunter auch mit etwas aufhören. Das Neu-Anfangen mit dem Aufhören verknüpft ist, wissen wohl jene Menschen am besten, die reale Schuld auf sich geladen haben. Wer andere Menschen verletzt, erniedrigt, oder gar getötet hat, muss sein Leben ändern. Die Anerkenntnis der eigenen Schuld und die echte Reue sind Voraussetzung dafür, dass man eines Tages wieder - ohne von der Last der Schuld erdrückt zu werden - sein Leben neu anfangen kann.

Service

Radiokolleg-Podcast

Hannah Arendt, Vita Activa oder Vom tätigen Leben, Piper Verlag München
Martin Heidegger, Sein und Zeit, Max Niemayer Verlag
Christoph Quarch, Eros und Harmonie, eine Philosophie der Glückseligkeit, Legenda Q Verlag
Ders., Der Club der alten Weisen. Mit Soktrates, Plato und Seneca &Co im Gespräch
Stephanie Jaksch, Anfangen. Eine Entzauberung, Festschrift 2023 GlobArt - Verein für diskursive Praxis
Jonathan Lear, Radikale Hoffnung, Ethik im Angesicht kultureller Zerstörung, Suhrkamp Verlag
Ilija Trojanow, Tausend und ein Morgen, S.Fischer Verlag
Thomas Brudermann, Die Kunst der Ausrede. Warum wir uns lieber selbst Täuschen, statt klimafreundlich zu leben, Oekom Verlag
Helga Kromp-Kolb, Für Pessimismus ist es zu spät, Molden Verlag
Rob Hopkins, Einfach. Jetzt. Machen, Oekom Verlag
Ders., Stell dir vor, Löwenzahn Verlag
Milo Rau, Die Rückeroberung der Zukunft, Rowohlt Verlag
Shunryu Suzuki; Zen-Geist. Anfänger-Geist. Unterweisungen in die Zen-Meditation, Theseus Verlag
David Steindl-Rast, Ich bin durch dich so ich. Lebenswege, Vier Türme Verlag
Ders., Orientierung finden, Schlüsselworte für ein erfülltes Leben, Tyrolia Verlag
Ders., Erkenntnis, Edition a
Ders. Zusammen mit Anselm Grün, Das Glauben wir. Spiritualität für unsere Zeit, Vier Türme Verlag

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