Ö1 Jazznacht

5 Millionen Pesos: das Wiener Vokalquartett Hals

(Fortsetzung); Die Stimmen von Anna Anderluh, Amina Bouroyen, Verena Loipetsberger und Anna László alias Hals. Das Xhosa Cole Quartet beim INNtöne-Festival 2023

Band brauchen sie keine. Sie genügen sich selbst. Vier Sängerinnen, jede in der Wiener Jazzszene bereits mit individuellen Projekten erfolgreich, haben sich zum Gesangsquartett Hals zusammengeschlossen. Anna Anderluh, Amina Bouroyen, Verena Loipetsberger und Anna László nennen ihre Musik "Free-Fall-A-Cappella" und lassen mit Virtuosität und Verve harmonisch komplexe Vokalklänge vernehmen. Dabei stehen sowohl unkonventionell arrangierte Fremdkompositionen aus Jazz, Pop und Neuer Musik, etwa von Jacob Collier, als auch eigene Stücke auf dem Programm. Die Vokalistinnen verstehen es, ihre Stimmen individuell einzusetzen, um sie dann wieder zu einem organischen Ganzen verschmelzen zu lassen. Kühne Sturzflüge in frei improvisierte Kollektive inklusive. Alles entscheidend ist die Punktlandung zum gemeinsamen Einsatz. Und die beherrschen die vier Sängerinnen von Hals atemberaubend gut.

Beim INNtöne-Festival im oberösterreichischen Diersbach war am 23. Juli 2023 das Xhosa Cole Quartet zu Gast. Der 27-jährige Tenorsaxofonist aus Birmingham mit Vorliebe für blauen Lippenstift zollte Bebop-Innovator Thelonious Monk Tribut. Beim Konzert auf Paul Zauners Bauernhof schallte die Vergangenheit und die Gegenwart des Jazz förmlich gleichzeitig von der Bühne. Faszinierend, wie Bandleader Xhosa Cole und seine ebenso jugendlichen Mitspieler Steve Saunders (E-Gitarre), Josh Vadiveloo (Kontrabass), Nathan England-Jones (Schlagzeug) samt Special Guests George Crowley (Tenorsaxofon) und Byron Wallen (Trompete) die Musik von Monk in den Puls der Zukunft einspeisten. Lustvoll zelebrierte Klänge mit stilistisch überraschendem Rhythmus-Ping-Pong und äußerst smarten Spielern. Wenn Musiker so natürlich und Ego-befreit aufeinander eingehen, hört man einfach nur genüsslich zu.

Zudem: Erinnerungen an den Berliner Gitarristen Coco Schumann, der von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde. Zu Propagandazwecken missbraucht, musste der 19-Jährige als Mitglied der Ghetto Swingers im Konzentrationslager Jazz spielen. Heinz Jakob "Coco" Schumann entkam der Vernichtungsmaschinerie des Naziregimes nur knapp. Im Nachkriegsdeutschland war Coco Schumann einer der Pioniere der elektrisch verstärkten Jazzgitarre. Am 14. Mai wäre der Komponist und Musiker 100 Jahre alt geworden.

Sendereihe

Gestaltung

  • Verena Göltl

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