Prekäres Musikland Österreich

26. Juli 2024, 13:00

Insbesondere in den Sommermonaten tönt es im Musikland Österreich an allen Ecken und Enden: Festivals, Freiluftkonzerte, Orchester- und Soloabende etc. Von der Blasmusikkapelle über Rock, Pop und Jazz bis hin zum klassischen Repertoire und der zeitgenössischen Komposition - das Land ist gesegnet mit bestens ausgebildeten Musikschaffenden, die auf außerordentlich hohem Niveau Kunst und Kultur nicht nur für die einheimische Bevölkerung, sondern auch für die vielen Besucher aus dem Ausland erfahrbar machen.

Betrachtet man genauer die Lebensrealität von Musikerinnen und Musikern in Österreich, so ergibt sich freilich ein erstaunliches Bild, das nicht unbedingt dem Label Musikland Österreich schmeichelt. Der unlängst veröffentlichten Studie "Music Career Check" zufolge ist das Jahreseinkommen von einem Viertel der insgesamt 759 befragten Musikschaffenden unter der Armutsgrenze, jeder zweite der Befragten ist von einer sozialversicherungsrechtlich problematischen Situation betroffen, betont wird auch, dass Gagen, Arbeits- und Auftragsverhältnisse oft mehr als zu wünschen übriglassen.

Insbesondere bei den selbständig Musikschaffenden übersteigen die durchschnittlich 13,9 Wochenarbeitsstunden für Booking, Marketing und Administration die durchschnittlichen 12,5 Stunden für Proben, Üben und künstlerische Betätigung. Diese Musikschaffenden müssen zusehends in der Logik eines Start Up-Unternehmens agieren, um auf einem volatilen Markt konkurrenzfähig zu bleiben. So wundert es auch nicht, dass auf die Frage nach den nötigen Kompetenzen für die Berufspraxis zuerst einmal Kommunikation, Projektplanung und Organisation, Bühnenperformance, Didaktik, EDV-Skills, Musikmarktkenntnisse und erst an neunter Stelle die Virtuosität am Instrument, bzw. die Qualität der Stimme gereiht werden.

Worauf müssen junge Musikerinnen und Musiker achten, um diesen spannenden Beruf auszuüben ohne "verheizt" zu werden? Auf welche Kompetenzen kommt es jetzt und in Zukunft wirklich an? Wie lässt sich die Situation verbessern und welche Rolle spielen Interessenvertretungen dabei? Ist der Gesellschaft Kunst zu wenig wert?

Eva-Maria Bauer ist Musikwissenschaftlerin an der Donauuniversität Krems und ist im Februar dieses Jahres nach 68 männlichen Präsidentschaftsjahren erste weibliche Präsidentin des Österreichischen Musikrates geworden, der die Interessen von Musikerinnen und Musikern vertritt. Eine ganze Reihe neuer Initiativen sollen helfen, die Situation der Musikschaffenden zu verbessern: Die Aktion "Fair Pay" versucht die Kluft der niedrigen Gagen bei Kulturveranstaltungen auszugleichen, in einem Maßnahmenpapier werden kulturpolitische Ziele für 2025 bis 2028 vorgeschlagen und mit den wahlwerbenden Parteien diskutiert und ein Gagen- und Gehälterkatalog hilft den Musikschaffenden ihre Leistungen zielgenauer einzuschätzen und in Rechnung zu stellen.

Hans-Peter Manser studierte Horn und Dirigieren, sowie Philosophie und Theologie. Als Dirigent arbeitete und arbeitet er mit unterschiedlichen Orchestern im In- und Ausland, als Leiter des Jugendsymphonieorchesters Tulln will er Ästhetik, technisches Können und einen leidenschaftlichen und respektvollen Umgang mit der Musik vermitteln.

Eva-Maria Bauer und Hans-Peter Manser sind zu Gast bei Andreas Obrecht und sprechen über den künstlerisch herausfordernden, beglückenden, aber ökonomisch oft schwierigen Beruf des Musikers und der Musikerin. Rufen Sie in der Sendung an und diskutieren Sie mit - unter 0800 22 69 79 oder unter punkteins(at)orf.at.

Sendereihe

• Punkt eins