Im Fokus - Religion und Ethik

Reihe Pionierinnen: Österreichs erste Pfarrerin

Mit diesem Thema im Fokus: Die evangelische Theologin Dora Winkler-Herrmann

Sie kann mit Fug und Recht als erste evangelische Pfarrerin Österreichs bezeichnet werden: Trotzdem ist Dora Winkler-Herrmann (1910 - 1983) fast völlig in Vergessenheit geraten. Als während des Zweiten Weltkrieges die Männer alle an der Front sind, darf sie als "Notlösung" die Aufgaben eines Pfarrers übernehmen (konkret in der Gemeinde Kufstein in Tirol). Als dann wieder ein Mann zur Verfügung steht, muss sie in ihren früheren Beruf als Religionslehrerin zurückkehren. Offiziell zum Pfarramt zugelassen wurden Frauen in der evangelischen Kirche erst Jahrzehnte später: Den ersten Sprung in der Gläsernen Decke könnte aber Dora Winkler-Herrmann verursacht haben.

"Ihre Geschichte steht symbolisch für all jene Frauen, deren Arbeit nicht mit dem nötigen Dank, der angemessenen Position und der würdigen Entlohnung honoriert wurde und wird", heißt es auf der Internetseite des Projekts "Danke, Dora!". "Danke, Dora!" soll (auf Initiative des "Vereins evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer" und der "ARGE Theologinnen") einer bedeutenden Wegbereiterin den ihr gebührenden Platz in der evangelischen Erinnerung sichern - durch die Erforschung ihrer Biografie, aber etwa auch durch ein "Krimi-Dinner" rund um die evangelische Theologin.

1929 gehört Dora Herrmann zu den ersten evangelischen Theologiestudentinnen. 1937 erwirbt sie als erste Frau ein theologisches Doktorat an der evangelischen Fakultät in Wien (mit einer Dissertation über Rainer Maria Rilke). Ihr Berufsziel scheint schon damals "Pfarrerin" gewesen zu sein. Ansatzweise möglich wird das erst 1942 durch eine Verordnung der Kirchenleitung, die "im Falle besonderer Notstände" den ausgebildeten Theologinnen die Erlaubnis zur Predigt "für Gottesdienste in schlichter Form" erteilt. Auf dieser Grundlage ist Dora Winkler-Herrmann ab 1944 in Kufstein tätig - und weit darüber hinaus (wobei sie meist zu Fuß unterwegs gewesen sein soll). Sie taufte, traute und beerdigte - allerdings in einem quasi "rechtsfreien" Raum, denn eine offizielle Beauftragung in Form einer Ordination hatte sie nicht erhalten. Daher entschließt sich der damalige Tiroler Superintendent Wilhelm Mensing-Braun, ihr am 2. Dezember 1945 die Ordination ins Pfarramt zu erteilen - allerdings ohne die an sich erforderliche Zustimmung des Oberkirchenrats in Wien. Ein Jahr später wird die "Notverordnung" der Kirchenleitung für Kriegszeiten aufgehoben. Für Dora Winkler-Herrmann scheint damit auch ein Lebenstraum geplatzt zu sein.

In der losen Reihe "Pionierinnen" widmet sich "Im Fokus" den immer noch weitgehend unbekannten Biografien von "ersten Frauen", der ersten evangelischen Pfarrerin, der ersten katholischen Dekanin und der ersten Rabbinerin. - Gestaltung: Markus Veinfurter

Sendereihe

Gestaltung

  • Judith Fürst