ELISABETH SCHARANG
Science Arena
These trifft auf Erfahrung
Wie lässt sich ein kollektives Trauma bewältigen?
11. November 2024, 16:05
Elisabeth Scharang im Gespräch mit Brigitte Lueger-Schuster, Professorin für Psychotraumatologie an der Universität Wien, und Medina Rekic, Musikerin und Überlebende des Terroranschlags am 13.November 2015 in Paris.
Das Leben nach dem Überleben
Am 2. November jährte sich der Terroranschlag in der Wiener Innenstadt zum vierten Mal. Die Journalistin und Filmemacherin Elisabeth Scharang war an diesem Abend, wie viele andere Menschen in der Nähe des Schwedenplatzes unterwegs, wo ein Attentäter vier Menschen ermordete und 23 teils schwer verletzte. Elisabeth Scharang hat diese Erfahrungen in ihrem Kinospielfilm "Wald" verarbeite. Darin kommt auch ein Song der Musikerin Medina Rekic vor. Rekic ist Überlebende des Terroranschlags in der Konzerthalle Bataclon in Paris 2015. Seit dieser Nacht reist sie jedes Jahr am 13. November nach Paris, um in einem gemeinsamen Ritual mit rund 300 Hinterbliebenen und Überlebenden der damals 130 ermordeten Menschen zu gedenken, aber auch das eigene Überleben zu feiern.
"Ich feiere das Leben mit denen, die das Gleiche erlebt haben wie ich" erzählt Medina Rekic. "Es ist unglaublich wertvoll, den Ort des Schreckens mit einem schönen Gefühl verlassen zu dürfen." Die Stadt Paris und der Umgang der dort verantwortlichen Politiker*innen tragen viel dazu bei, dass die Aufarbeitung und der Heilungsprozess dieses traumatischen Ereignisses möglich war und ist.
Traumatische Erlebnisse dürfen nicht zu einem Tabu werden
"Traumatische Ereignisse leben in den Hinterbliebenen und Überlebenden weiter. Es ist wichtig, dass die betroffenen das Gefühl haben, sie sind in ihrem Schmerz und ihrer Freude, überlebt zu haben, mitten in der Gesellschaft willkommen und aufgenommen. Deshalb ist es grundfalsch zu sagen: Irgendwann ist das Erinnern genug", sagt die Wissenschaftlerin Brigitte Lueger-Schuster. Sie erforscht die Auswirkungen von traumatischen Ereignissen auf das Erleben und Verhalten betroffener Menschen. "Es fließt die gesellschaftliche und die individuelle Ebene bei der Aufarbeitung von Traumen nach einem Terroranschlag ineinander. Neben der Geborgenheit im Privaten braucht es die professionelle Begleitung von außen. Es fehlen allerdings die Begleitstudien zu diesen Anschlägen und damit fehlt die wissenschaftliche Grundlage für die bestmöglichen Maßnahmen."
Terroranschläge wie im November 2020 in Wien oder das Attentat in Paris im November 2015 hinterließen tiefe Wunden in der Gesellschaft. Was passiert, wenn man diese Wunden nicht entsprechend wahrnimmt? Was brauchen Überlebende um ihr individuelles Sicherheitsgefühl wiederzuerlangen? Und was passiert, wenn eine Gesellschaft keine Ressourcen hat, sachlich mit Krisen umzugehen? Im Gespräch mit ihren Gästen fragt Elisabeth Scharang auch nach der Widerstandsfähigkeit einer Gesellschaft und was wir aus der Resilienzforschung dazu ableiten können. "Eine resiliente Gesellschaft ist eine aus sich heraus sichere Gesellschaft", sagt Brigitte Lueger-Schuster.
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